Fit genug für die Digitalisierung?

30 Jun, 2016

Im Artikel “Universitäten bereiten zu wenig auf digitale Arbeitswelt vor” aus der Sparte Hochschulbildungsreport berichtete die Berliner Zeitung am 06.06.16, dass zukünftige Akademiker und Akademikerinnen im Studium zu wenig auf die neue “Arbeitswelt 4.0” vorbereitet werden. Durch die Automatisierung von akademischen Routinetätigkeiten könne in Zukunft bis zu 25% an Arbeitszeit eingespart, bzw. für anspruchsvollere Aufgaben genutzt […]
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HWR-Delegation (eigenes Bild)

Im Artikel “Universitäten bereiten zu wenig auf digitale Arbeitswelt vor” aus der Sparte Hochschulbildungsreport berichtete die Berliner Zeitung am 06.06.16, dass zukünftige Akademiker und Akademikerinnen im Studium zu wenig auf die neue “Arbeitswelt 4.0” vorbereitet werden. Durch die Automatisierung von akademischen Routinetätigkeiten könne in Zukunft bis zu 25% an Arbeitszeit eingespart, bzw. für anspruchsvollere Aufgaben genutzt werden. Darauf müssten die Studierenden allerdings besser vorbereitet werden – zum Beispiel durch “mehr und tiefergehende digitale Kompetenzen als bisher, beispielsweise in der Auswertung von Statistiken oder in der digitalen Analyse und Beurteilung großer Datenmengen” (J. Schröder, McKinsey) und ein „begleitendes Kompetenzcoaching“ (V. Meyer-Guckel, Stifterverband).

Dass dieses Thema für Hochschulen nichts Neues ist, zeigt unsere Einladung zum “UAS7-Symposium zur Digitalisierung in Lehre & Studium” am 6./7. Juni 2016 an der Hochschule Osnabrück.  Als Grundlage der Diskussion diente das UAS7 Positionspapier “Digitalisierung in der Lehre“. In den 5 Workshops wurden die Punkte:

  • WS 1: Kompetenzorientierte Studienprogramme
  • WS 2: Lehre/Prüfungen
  • WS 3: Lehr-/Lernorte
  • WS 4: Hochschuldidaktische Weiterbildung
  • WS 5: Veränderte Kompetenzprofile in Berufungsverfahren

weitergehend behandelt. Als Delegation der Hochschulleitung nahmen wir mit 5 Mitarbeiterinnen und 2 Studentinnen an der Veranstaltung teil und geben im Folgenden eine Zusammenfassung der einzelnen Arbeitsbereiche:

Workshop Kompetenzorientierte Studienprogramme (Lina Mey):

Der Workshop 1 drehte sich um die Kompetenzorientierung in Studium und Lehre im Allgemeinen und die Herausforderung der Einbindung der Digitalisierung in die Kompetenzoriertung im Speziellen, da diese Aspekte zusammenhängen und viele Strategien zur Lösung des Digitalisierungsproblems auf den allgemeinen Strategien der Studiengangsentwicklung aufbauen. In der Gruppe wurden zunächst Herausforderungen formuliert, welche sicherlich auch in anderen Hochschulen nicht neu sind. So wurde vermehrt gefragt, ob man dem verändernden Kompetenzbedarf überhaupt hinterher kommen kann oder wo und wie Studierende “abzuholen” sind. Hilfe für diese Herausforderungen können dafür verschiedene Strategien bieten, wie Leitfäden, Curriculumwerkstätten, Kompetenzmatrizen, Einbindung unterschiedlicher Perspektiven und Beratung durch Studiengangsentwicklungskomitees. Bei der Planung müssen dabei auch bekannte Umsetzungshürden wie Zeitaufwand oder Demotivation, sowie Schwierigkeiten in der Prüfungs- und Lehrplanung berücksichtigt werden.

Workshop Lehre/Prüfung (Katja Drasdo, Mirjam Klessen):

Hier ging es in Arbeitsgruppen vor allem um die Fragen,  wie sich die Digitalisierung auf die Prüfungen und damit die Hochschulabschlüsse auswirkt und was es bedeutet, wenn Lehr- und Lernprozesse zukünftig flexibler, offener und anders gestaltbar werden. Ausgehend vom Idealbild intrinsisch motivierter,  interessierter  Studierender und motivierter Lehrender wurden in Teams Bedarfe,  Hürden  und Risiken digitaler Prüfungen bzw. Lehr- und Lernformen erarbeitet und diskutiert.  Dabei wurde für  die Lehr- und  Lernformen deutlich,  dass einer Fülle von Möglichkeiten der  individuellen, am Bedarf  der Studierenden orientierten  Lehre auch immer die meist doch noch begrenzten technischen und räumlichen Möglichkeiten der Hochschulen  gegenüberstehen.

Einig war sich die Gruppe, dass sich Bedarfe sowohl aus praktischen Erwägungen aufgrund steigender Studierendenzahlen ergeben, als auch didaktische Aspekte für neuartige Prüfungsformen sprechen. So könnten multimediale und interaktive Prüfungen kontinuierlich, auch zur Selbstüberprüfung, Wissen festigen und den Studierenden ad hoc vorläufiges Feedback geben, das wiederum das Lernen idealerweise positiv beeinflusst. Nicht vergessen werden darf auch, dass immer zunächst auch die rechtlichen  Rahmenbedingungen geklärt werden  müssen, besonders im Bezug  auf Urheberrecht und Verankerung der E-Prüfungen in den  Studien- und  Prüfungsordnungen. Eine enge Abstimmung mit der jeweiligen IT der Hochschule sollte erfolgen, um technische Risiken und Manipulationsmöglichkeiten zu minimieren sowie Regelungen zur Datensicherung zu vereinbaren.

Die Workshop Moderation übernahm Timo van Treeck (Kompetenzteam Hochschuldidaktik der TH Köln), seinen Impuls Vortrag finden Sie hier.

Lehr-/Lernorte (Anne Freiberg):

Der Workshop „Lehr-/Lernorte” ging der Frage nach, wie sich Lernorte durch Institutionen/ Lehrende konstruieren lassen. Ein optimaler Lernort sollte nicht anonym sein, einen informellen Bildungsprozess ermöglichen, eine Vernetzung im Blended Learning – Format ermöglichen und hier kommt die Herausforderung: sowohl in der Lebenswelt der Studierenden als auch der Lehrenden verortet sein. Studierende sollten von den Lehrenden/ der Hochschule einen geschützten Raum zur Verfügung gestellt bekommen, in dem sie sich online austauschen können. Im hochschuleigenen LMS fühlen sich die Studierenden oft beobachtet und weichen deshalb auf Facebook aus. Jedoch steht das freie und zum Teil unbedarfte Posten auf Facebook im Gegensatz zu der überwachten digitalen Welt in vielen Unternehmen. Wie werden Studierende fit darin, sich digital auszutauschen?

Hochschuldidaktische Weiterbildung (Martina Mauch):

Der Workshop „Hochschuldidaktische Weiterbildung“ für Lehrende thematisierte die kompetenzorientierte Lehre. Überlegungen wurden angestellt, welche Kompetenzverschiebungen durch die Digitalisierung wahrgenommen werden. Anhand von vier ausgewählten Kompetenzen (Selbstlernkompetenz, Problemlösekompetenz, Team- und Kooperationskompetenz, Reflexionskompetenz) erarbeiteten die Workshopteilnehmenden mögliche Veränderungen dieser Kompetenzen durch den Einfluss der Digitalisierung. Schnell wurde deutlich, dass die Kompetenzen untereinander in Beziehung stehen und nicht losgelöst von einander betrachtet werden können. Alle Kompetenzen profitieren von der Reflexionsfähigkeit, die als besonders wertvoll für Veränderungsprozesse angesehen wurde. Diese überfachlichen Kompetenzen sollten nicht losgelöst von dem Fach betrachtet werden. Gemeinsam trug die Gruppe hochschuldidaktische Weiterbildungsideen zum Erwerb bzw. Ausbau dieser Kompetenzen für Lehrende zusammen, um damit die Lehrenden auf die Gestaltung einer zukunftsfähigen kompetenzorientierte Lehre vorzubereiten. Im Plenum des UAS7-Symposium wurde gewünscht, dass im Verbund entsprechende hochschuldidaktische Weiterbildungen angeboten werden sollten, die offen für alle Lehrenden der Verbund-Hochschulen sind.

Workshop Veränderte Kompetenzprofile in Berufungsverfahren (Susanne Mey):

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Abb. 2 Fotoprotokoll (eigene Bilder)

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Abb. 1 Fotoprotokoll (eigene Bilder)

Erfordert die forgeschrittene Digitalisierung auch neue Fähigkeiten beim Lehrpersonal? Soll und kann man diese schon im Einstellungsprozess abfragen? In Arbeitsgruppen haben wir erst einmal gesammelt, wie die Digitalisierung die Lehre und die Anforderungen an die Lehre verändert. Punkt die dabei zur Sprache kamen waren (unter vielen anderen):

  • Notwendigkeit der Methodenvielfalt
  • zunehmende Heterogenität der Zielgruppe
  • Rollenwechsel vom Wissensvermittler zum Facilitator

IMG_0632Die sich daraus abgeleiteten Kompetenzen und Einstellungen lassen sich jedoch nur schlecht in einem eng gestrickten Berufungsverfahren abfragen. Härtere Fakten wie eine nachgewissene Methodenkompetenz ist nach unserer Erfahrung gut “nachrüstbar” wenn eine gewisse Offenheit und Flexibilität vorhanden ist. Der dabei aufkommende Begriff der “Medienwilligkeit” beschreibt besser worauf es wirklich ankommt. Die meisten daraus entwickelten Ansätze (mehr Zeit in den Berufungsverfahren, Assessment-Center um die Persönlichkeit zu beurteilen, …) sind schwer umsetzbar, den Vorschlag einer Arbeitsgruppe fand ich jedoch sehr praktikabel: Die Idee war, bereits im Ausschreibungsverfahren entweder einen Nachweis der Medienerfahrung oder ein Grobkonzept für eine Lehrveranstaltung im Blended-/Onlineformat einzufordern. Entscheidend ist bei diesem Ansatz dann nicht unbedingt das gewählte Medium (ein gut begründeten Lehrbriefentwurf kann eine bessere Kosten-Nutzen-Bilanz haben als ein aufwändiges Lehrvideo), sondern die gezeigte Bereitschaft sich auf einen Lernkulturwandel einzulassen.

Kein Workshopprogramm, aber ein interessanter Nebeneffekt auf der Veranstaltung war die Vernetzung der Studierenden (Deniz Desti):

Digitalisierung in Lehre und Studium – aber wozu? Na, für uns Studierende! Interessant war es als Studierende zu sehen, wie viele engagierte Lehrende es gibt, die die Digitalisierung von Lehre im Studium für wichtig halten, daran arbeiten und vor allem wie weit diese teilweise schon damit sind. Und dennoch sind viele Studierenden im Alltag unzufrieden, weil bei ihnen kaum etwas davon ankommt. Es warten viele, schwere Herausforderungen auf Lehrende und Hochschulen, die wir Ihnen nicht abnehmen können, aber wir sind hochmotiviert zu helfen und Feedback zu geben, um herauszufinden, welcher Weg der beste oder wenigstens ein guter Weg zum Ziel ist. Dafür haben wir uns zusammengetan und uns Gedanken darüber gemacht. Direkt auf der Tagung und jetzt online in digitaler Eigeninitiative. Ein Positionspapier der Studierenden ist im Aufbau, um die zukünftigen Arbeitspläne zu unterstützen und mit zu gestalten.

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