Tools für qualitative Interviews. Teil 2

26 Feb, 2018

Nachdem in dem vorherigen Artikel Tools für qualitative Interviews. Teil 1 nützliche Tools für die Aufnahme und Transkription vorgestellt wurden, wenden wir uns nun der Auswertung zu. Natürlich kann die Auswertung  selbstständig durchgeführt werden. Jedoch ist dies sehr aufwendig und kann durch verschiedene Software erleichtert werden. Es gibt diverse Programme, die Sie für diese Zwecke nutzen können. In diesem Artikel widmen […]

Nachdem in dem vorherigen Artikel Tools für qualitative Interviews. Teil 1 nützliche Tools für die Aufnahme und Transkription vorgestellt wurden, wenden wir uns nun der Auswertung zu. Natürlich kann die Auswertung  selbstständig durchgeführt werden. Jedoch ist dies sehr aufwendig und kann durch verschiedene Software erleichtert werden. Es gibt diverse Programme, die Sie für diese Zwecke nutzen können. In diesem Artikel widmen wir uns MAXQDA, weil wir selbst mit dieser Software gearbeitet haben.

Quelle: CC0, Pixabay

Auswertung der Interviews

Nachdem Sie die (Experten)Interviews aufgezeichnet und transkribiert haben, müssen Sie diese natürlich auch auswerten. Bei der Transkription entstehen meist mehrere Dokumente, die Interviewstatements beinhalten. In MAXQDA können Sie all Ihre Transkripte in einem Dokument zusammenfügen. Jedoch empfehlen wir Ihnen,  jedes einzelne Interview in einem eigenen Dokument zu erfassen, wie es auf dem Screenshot zu sehen ist. Damit bleibt es übersichtlich.

MAXQDA: Screenshot

Wie kann der Auswertungsprozess beispielsweise ablaufen?

Import

Zunächst werden die Interviewdateien ins Programm importiert. Die importierten Dokumenten werden in dem Fenster “Liste der Dokumente” aufgeführt. Falls die Dokumente Zeitmarken enthalten, werden Sie dabei aufgefordert, zusätzlich eine entsprechende Audiodatei  zu importieren. Sie können diesen Schritt überspringen und MAXQDA sogar erlauben, die Zeitmarken aus dem Text zu entfernen. Das kann Ihnen viel Zeit bei den manuellen Anpassungen in den Interviewtexten ersparen, da Sie die Dokumente ohne Zeitmarken im RTF-Format aus dem Programm wieder exportieren können.

Codieren

Nachdem Sie alle Dokumente erfolgreich hinzugefügt haben, beginnt somit der anspruchsvolle und aufwändige Teil der Auswertung – die Analyse in Form vom Codieren. Das Programm kann diesen Prozess enorm erleichtern. Der Screenshot zeigt Ihnen alle wichtigen Funktionen:
– Liste der Dokumente
– Transkripte (Dokument-Browser)
– Codes 
Das Codesystem müssen Sie selbst erstellen. Dafür müssen Sie ausgewählte Segmente des Textes codieren. Zumindest wird es bei der Auswertung des ersten Interviews der Fall sein. Bei der Auswertung der weiteren Interviews können Sie die Textstellen mit bestehenden Codes verknüpfen, was Ihnen wiederum Zeit ersparen kann. Alle erstellten Codes sind in einem Fenster „Liste der Codes“ aufgeführt. Sie haben die Möglichkeit, die Reihenfolge und die Einordnung der bestehenden Codes anzupassen. Sie können zum Beispiel die Subcodes in eine hierarchische Struktur mit bis zu 10 Ebenen einbringen oder Codes verschieben. Außerdem kann jedem Code eine spezielle Farbe zugeordnet werden, was der besseren Übersichtlichkeit dient. Im Laufe Ihrer Analyse können die Codes überarbeitet und eventuell bereits codierte Textstellen neu zugeordnet werden. Das Programm erlaubt all diese Anpassungen, sodass keine Daten verloren gehen.

Zusätzliche Features

Sie können bei MAXQDA während der Analyse Textstellen, welche Ihnen wichtig erscheinen aber noch nicht zuordnen können, farblich markieren und später einem Code hinzufügen. Das Codesystem weist den farbigen Code auf. Dadurch finden Sie später dieses Textsegment wieder.
Zu jedem Coding (codierte Textstelle) können Sie einen kurzen Kommentar (Memo) hinzufügen. Der kann auf die Besonderheit dieser Textstelle hinweisen. Außerdem kann er als kurze Zusammenfassung genutzt werden. Solche Kommentare helfen beispielsweise bei der Entwicklung von Kategorien am Material. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Kommentare im Dokument-Browser einzublenden.
Zusätzlich bietet MAXQDA an, jedem codierten Textsegment einen Gewichtungswert zuzuweisen. Das ist von Vorteil, wenn Sie z.B. Textpassagen herausfinden wollen, die eine bestimmte Argumentation oder ein bestimmtes theoretisches Konzept widerspiegelt.  Sie können auf einer Skala von 0 bis 100 eine Gewichtung vornehmen. Diese Gewichtungswerte können später als Sortierkriterium für die codierten Textstellen und bei der weiteren Analyse als Selektionskritierium zum Einsatz kommen, während sich die Analyse nur auf die codierten Segmente mit einem bestimmten Gewicht bezieht.
Falls Ihnen spontane Ideen im Laufe des Codierens einfallen oder sie das Analyseverfahren dokumentieren wollen, ist im Programm das “Log-Buch” integriert. Das ist ein einfacher Text-Editor, wo Sie all Ihre Gedanken festhalten können.

Weitere Auswertungsmöglichkeiten

Die Software bietet die Möglichkeit, auch Bilder und Videos zu codieren und auszuwerten. Dabei geht man genauso vor wie mit den Textdokumenten. Einerseits kann man bereits erstellte Codes verwenden oder während des Analyseprozesses gestalten. Bei Bild und Videoanalysen markieren Sie einfach die gewünschten Bildausschnitte und ordnen Sie diese dem ausgewählten Code zu. Dabei können Sie dem Bildausschnitt mehrer Codes vergeben, den Codes Farben zuordnen oder ein Kommentar (Memo) hinzufügen. Ansonsten läuft der Prozess genauso ab, wie bei der Codierung der Texte.

(Quelle: MAXQDA VERBI, https://youtu.be/n9NtZajZPPs [Aufgerufen am: 25.02.2018]

Visualisieren

Nachdem Sie all Ihre Dokumente codiert und das Codesystem angepasst haben, haben Sie die Möglichkeit, Ihre Ergebnisse zu visualisieren und somit den Analyseprozess zu erleichtern. MAXQDA hat diverse Darstellungsoptionen:

  • Dokumentenportrait (visuelle Darstellung des Dokuments),
  • Codeline (sequenzielle Abbildung des Dokuments),
  • MAXMaps (Visualisierung der Zusammenhänge) etc.

In diesem Beispiel wurde die Darstellungsoption Code-Matrix-Browser für die Analyse der Interviews (siehe Screenshot oben) gewählt. Durch die Visualisierung  erhält man einen Überblick über das Vorkommen der Codes und Subcodes in den Interviews. Die Dokumente mit vielen ähnlichen Subcodes wurden am Ende zusammengefasst. In diesem Fall werden die unterschiedlichen Typen innerhalb der Gruppe identifiziert. Des Weiteren können Sie sich die Häufigkeiten der Codes anzeigen lassen. Zusätzlich können Sie die Datensätze als Tabelle in Excel exportieren und damit Diagramme erstellen. Ebenso können Sie sich ein Codebuch mit allen oder ausgewählten Codes in Word exportieren lassen.

Fazit

Das Programm hat viele hilfreiche Funktionen, welche Zeit sparen und die Arbeit erleichtern. MAXQDA bietet neben der Auswertung, auch die Möglichkeit, Texte zu transkribieren. Außerdem zeichnet sich die Software durch eine einfache Handhabung aus. Man kann sich schnell in das Programm einarbeiten. Zusätzlich gibt es auf der Website zahlreiche Erklärvideos und Online Handbücher. Die Videos und Anleitungen sind gut aufbereitet und helfen bei Fragen weiter. Jedoch muss man bei dem Export von dem Codebuch manchmal eigene Anpassungen vornehmen. Das gilt auch für den Export nach Excel. Alles in allem sind wir nicht verwundert, dass MAXQDA zu einer der führenden Programme in der qualitativen Forschung zählt.
Mechthild Stier, Kristina Kuznetcova
E-Learning Zentrum (ELZ) der HWR Berlin

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