Akdogan, Noack, Willascheck
Mögliche Wirkungen von Bürgerbeteiligungsprozessen für die Politik und die Verwaltung
Eine positive Wirkung von Bürgerbeteiligungsprozessen für die Politik ist laut Entscheidungsträgern deutscher Kommunen, dass bessere politische Entscheidungen getroffen werden können und innovative Ideen entstehen (Neunbecker 2017, S. 1).
Ein Vorteil von dialog-orientierten Bürgerbeteiligungsprozessen ist, dass Konflikte gelöst oder entschärft werden können. Dies kann zum einen zu einer höheren Akzeptanz von politischen Entscheidungen seitens der Bürger führen und andererseits der Politik eine höhere Entscheidungssicherheit geben (Vetter 2015, S. 2).
Jedoch werden Bürgerinnen und Bürger häufig nur als Konsultation, also als Beratung, herangezogen. Wenn es aber um Entscheidungen geht, werden die Bürger selten mit einbezogen (Neunbecker 2017, S. 2). Zwischen Kommunen herrschen große Unterschiede, wenn es um die Umsetzung von Bürgerbeteiligungsprozessen geht. In manchen Kommunen werden die Beteiligungen stark umgesetzt, währenddessen in anderen Kommunen, nur ein Vorschlag übernommen wird (Neunbecker 2017, S. 2 f.). Der überwiegende Teil von Mandatsträgern gaben bei einer Befragung an, dass der Bürgerhaushalt keinen Einfluss auf ihre politischen Entscheidungen haben würde. Viele Kommunalpolitiker sehen die Beteiligungsresultate als nicht vollwertig an. Die Politiker gehen davon aus, dass sie die Themen, mit denen sich die Bürger beschäftigen, schon ausreichend in ihrer Politik behandeln und bereits ohne ein Beteiligungsverfahren Entscheidungen so treffen, wie Bürger und Bürgerinnen es von ihnen wünschen (Neunbecker 2017, S. 4). Allerdings könnte dies ein Indiz dafür sein, dass sich die Kommunalpolitiker nicht genug mit dem Thema auseinandersetzten beziehungsweise zu einem –von den Bürgern nicht toleriertes- Ergebnis gelangt sind.
Aus diesem Kontext stellt sich die Frage, wie die Bürgerbeteiligungsprozesse erfolgreicher werden können und auch besser umgesetzt werden können. Laut Neunbecker (2017, S. 7) sollte der erste Weg darin beruhen, die Entscheidungskompetenzen den Bürgern zu übertragen. Ein anderer Weg wäre, für die Kommunalpolitiker, die ehrenamtlich arbeiten und auch stark ausgelastet sind, bessere Konditionen zu schaffen (Neunbecker 2017, S. 7). Daraus könnte man herleiten, dass die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung eher dort hoch sind, wo die Politiker näher an den Bürgern sind. Dies könnte beispielsweise in einer kleineren Kommune der Fall sein.
Aus diesem nun kurz beschriebenen Artikel geht vor, dass die Ergebnisse laut Martina Neunbecker eher gering sind. Sie stellt außerdem dar, dass es noch viele Probleme bei der Umsetzung dieser Beteiligungsprozesse gibt. Andererseits gibt es auch äußerst erfolgreiche Beteiligungsprozesse in Deutschland. Ein Beispiel dafür wäre die Kommune Glienicke Nordbahn. Dort wurden schon viele Projekte umgesetzt, die aus dem Bürgerhaushalt entstanden sind. Somit ist die Wirkung der Bürgerbeteiligungsprozesse für die Verwaltung und die Politik in dieser Kommune eher hoch.
Die Partizipation (Teilhabe an Entscheidungen) hat positive Wirkungen auf die Gesundheit der Bürger/-innen. So steigert sich das Wohlbefinden der Bürger/-innen und sie bekommen ein stabiles Selbstwertgefühl (Hartung und Rosenbrock 2014, S. 1). Es gibt zwar wenige wissenschaftliche Beweise für diese Theorie, da man eine lange Wirkungskette hat, sodass es schwierig ist, diesen Prozess zu verfolgen (Hartung und Rosenbrock 2014, S. 2). Jedoch fällt zum Beispiel auf, dass viele Branchen die Partizipation nutzen und die Vorteile beobachten können. Dazu zählen Bereiche wie Soziale Arbeit, Gesundheitsförderung und Krankenversorgung. Dieser Artikel unterstreicht nochmals die Wichtigkeit der Partizipation der Bürger/-innen an Entscheidungsprozessen.
Messen der Wirkungen von Bürgerbeteiligungsprozessen für Politik und Verwaltung
Laut A. Vatter und C. Alpiger (2017, S. 4 f.) gibt es 14 Kriterien zur Evaluation von regionalen Bürgerbeteiligungsverfahren. Die ersten fünf stellen Prozessmerkmale dar und sind Fairness, Transparenz, frühe und iterative Beteiligung, Festlegung der Entscheidungs- und Verfahrensregeln sowie die institutionelle Integration . Die Kriterien zur Zusammensetzung und Eigenschaften der Beteiligten sind folgende: der Ausgleich von sozialen Schichten, konfliktfähige und nicht-konfliktfähige Interessen, kurz- und langfristige Interessen, Lernchancen, ausreichende Motivation und Sachkompetenz (Vatter und Alpiger 2017, S. 5-6). Die nächsten Kriterien zur Messbarkeit sind der Zugang und Inhalt der Informationsressourcen. Die Autoren drücken es auch als direkte und verständliche Information aus (Vatter und Alpiger 2017, S. 6). Die nächste Kriterienkategorie ist “Wirkungen des Partizipationsprozesses”. Dazu gehören die Umwandlung von Nullsummen in Positivsummen-Konflikt und das Kriterium der Erwartungssicherheit. (Vatter und Alpiger 2017, S. 7-8). Der Autor des Textes sagt aus, dass die Verwendung dieser Kriterien vor allem bei langfristigen, regionalen Großprojekten geeignet ist. (Vatter und Alpiger 2017, S. 9).
Auf Seite 10 des Artikels kann man einer Tabelle entnehmen, wie und mit welchem Item die verschiedenen Skalen ausgewertet werden können.
Zusammenfassend sind unserer Meinung nach, diese Kriterien gut zur Messung eines Bürgerbeteiligungsverfahrens geeignet. Allerdings sollte man festlegen, wie die Auswertung erfolgen soll. Es könnte beispielsweise das Problem auftreten, dass man sich fragt, ab wann ein Ausgleich von sozialen Schichten gegeben ist. Wäre dies schon der Fall, wenn jeweils eine Person aus der Unterschicht, Mittelschicht und Oberschicht vertreten ist? Der Autor gibt dazu als Item zum Beispiel an, dass keine sozial höhere Dominanz haben soll. Allerdings stellt sich dann die Frage, ab wann eine Dominanz gegeben sein würde. Auch beschreibt der Autor das Item der Skala “Motivation der Beteiligten” mit unter anderem einer finanziellen Entschädigung. Allerdings ist uns bis zum jetzigen Zeitpunkt kein Bürgerbeteiligungsprozess bekannt, der die Bürger finanziell entschädigt. Außerdem wird in dieser Skala das Item “Maximierung der Anzahl erreichter und interessierter Personen” verwendet. Für uns stellt sich in diesem Kontext die Frage, ab wann die Maximierung der Anzahl der erreichten und interessierten Personen erreicht wäre. Leider macht der Autor zu diesen Punkten keine Angaben, sodass diese Fragen für uns ungeklärt sind.
Quellen- und Literaturverzeichnis:
Hartung, S. und Rosenbrock, R. (2014). »Partizipation und Gesundheit« eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 08/2014 vom 25.04.2014. Stiftung Mitarbeit (Hrsg.). Online unter: <https://www.buergergesellschaft.de/fileadmin/pdf/gastbeitrag_hartung_rosenbrock_140425.pdf> (Zugriff: 13.06.2022).
Neunecker, M (2017). »Kein Geld, geht nicht, machen wir schon«? – Der Einfluss von Bürgerbeteiligung auf kommunalpolitische Entscheidungen. eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 03/2017 vom 15.03.2017. Stiftung Mitarbeit (Hrg.). Online unter: <https://www.buergergesellschaft.de/fileadmin/pdf/gastbeitrag_neunecker_170315.pdf> (Zugriff: 02.06.2022).
Vetter, A (2015). Wirkungsmechanismen von dialog-orientierten Beteiligungsprozessen mit Konfliktpotenzial. eNewsletter Netzwerk Bürgerbeteiligung 02/2015 vom 09.07.2015. Stiftung Mitarbeit (Hrg.). Online unter: https://www.netzwerk-buergerbeteiligung.de/fileadmin/Inhalte/PDF-Dokumente/newsletter_beitraege/nbb_beitrag_vetter_150709.pdf (Zugriff: 14.06.2022).
Vatter, A. und Alpiger, C. (2017). Evaluationskriterien zur Bewertung von regionalen Bürgerbeteiligungsverfahren. Berlin Institut für Partizipation. Online unter: <https://www.bipar.de/wp-content/uploads/2018/05/Evaluationskriterien-zur-Bewertung-von-regionalen-B%c3%bcrgerbeteiligungsverfahren.pdf> (Zugriff: 02.06.2022).