Seit 1987 führt die ehemalige FHVR Berlin, seit 1.4.2009 fusioniert zur Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin), jährlich die sogenannten „Glienicker Gespräche“ durch. Der Name führt zurück auf den ursprünglichen Tagungsort „Jagdschloss Glienicke“ in Berlin-Zehlendorf.
Bei diesen Tagungen treffen Lehrende sowie Funktionsträger/innen von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften für den öffentlichen Dienst sowie Vertreter/innen der Praxis (d.h. von zuständigen Ministerien und Verbänden) zusammen und setzen sich mit übergeordneten Fragen der Lehre und Forschung in ihrem Bereich auseinander. Am Ende der Tagung werden jeweils die sogenannten „Glienicker Thesen“ verabschiedet, die einen Impuls zur Weiterentwicklung der Ausbildung für den öffentlichen Dienst geben sollen.
Themen der bisherigen Glienicker Gespräche
Themen der bisherigen Glienicker Gespräche
- Ausländer und Verwaltung als Thema im Rahmen des Studiums an den Verwaltungsfachhochschulen, 1987
- Verwaltungsfachhochschulen und Dritte Welt – Beiträge der Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung zur Entwicklungspolitik und Verwaltungsförderung, 1988
- Informationstechnik an Verwaltungsfachhochschulen in Lehre und Forschung, 1989
- Verwaltungsausbildung im sich einigenden Deutschland, 1990
- Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern, 1991
- Zukunftsaspekte der Verwaltungsausbildung, 1992
- Internationalisierung in Ausbildung und anwendungsbezogener Forschung der FHöD, 1993
- Auf dem Weg zu einem einheitlichen Fachhochschulsystem?, 1995
- Der Beitrag der Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst zur Verwaltungsreform durch Ausbildung, anwendungsbezogene Forschung und Weiterbildung, 1996
- Die Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates, 1997
- Marketing und Sponsoring am Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst, 1998
- Modernisierung durch Ausbildung – Innovationsdruck und Innovationen in Studiengängen für den öffentlichen Sektor, 2000
- Leistungsorientierung in der Verwaltungsausbildung, 2001
- Der Beruf, die Praxis und das Studium – Entwicklungen, Wechselwirkungen, Modelle, 2002
- Der Bologna-Prozess – Chancen und/oder Risiko für die Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst, 2004
- Bachelorisierung und Masterangebote – Perspektiven der Umsetzung des Bologna-Prozesses, 2005
- Ökonomisierung des Hochschulwesens, 2006
- Hochschulen in vernetzter Verantwortung – Die Rolle der FHöD, 2007
- Begeisterung für die Verwaltung – ein Widerspruch in sich?, 2008
- Braucht die öffentliche Verwaltung eine eigene Ausbildung?
- Privatisierung der akademischen Ausbildung für die öffentliche Verwaltung, 2010
- Aus- und Weiterbildung in einer Hand – Spezifische Fachdidaktiken und Weiterbildungstools an den FHöD, 2011
- Gute Lehre und Forschung trotz schwieriger Rahmenbedingungen. Neue Strategien und Instrumente, 2012
- Verwaltungsethik – Selbstverständnis und Themenfelder in Lehre, Forschung und Praxis an den FHöD -, 2013
- 25 Jahre Glienicker Gespräche. Rückblick und Ausblick, 2014
- Gesundheitsmanagement in der Öffentlichen Verwaltung. Berührungspunkte zu unseren Lehrgebieten, Wünschenswertes für die Praxis und unsere Hochschulen, 2015
- Attraktivität der Ausbildung für den Öffentlichen Dienst, 2016
- Die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung und hieraus resultierende Veränderungen für die Praxis, Lehre und Forschung, 2017
- Veränderungen der Kommunikationsformen und Wandel der Kommunikationskompetenzen als neue Herausforderungen für Studium und Lehre an den Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst, 2018
- Die Aufgaben einer Hochschule für den öffentlichen Dienst im 21. Jahrhundert, 2019
- Die Hochschulen für den öffentlichen Dienst nach der Corona-Pandemie – digitaler lehren und prüfen, vernetzter forschen?, 2022
Neuigkeiten
Das 32. Glienicker Gespräch 2023 findet vom 10.-12. Mai 2023 zum Thema „Nachhaltigkeit in Ausbildung und Forschung für den öffentlichen Dienst“ statt.
Die Nachhaltigkeit stellt den öffentlichen Sektor vor wegweisende Aufgaben. Um die mit der Agenda 2030 festgelegten Sustainable Development Goals (SDG) und die Ziele der darauf aufbauenden deutschen Nachhaltigkeitsstrategie erfüllen zu können, hat der öffentliche Sektor sein Handeln noch stärker an einer nachhaltigen Zukunft auszurichten und mit den lokalen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger in Einklang zu bringen (Reiber/Reiners, Die aktuelle Kolumne des German Institute of Development and Sustainability: Warum der öffentliche Dienst ein Agenda-2030-Update braucht, 2018). Hierbei kommt den Hochschulen für den öffentlichen Dienst eine Schlüsselrolle zu, nicht nur bei der Erforschung der Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels (etwa im Rahmen des Verbundprojekts „Nachhaltigkeit an Hochschulen: entwickeln – vernetzen – berichten [Hoch-N]“), sondern auch bezogen auf wissenschaftsbasierte Lösungsvorschläge und Konzepte an Politik, Gesellschaft (vgl. nur Korbitzki/Kölbel/Hartmann, Nachhaltigkeit und Digitalisierung – Nachhaltigkeit in Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Working Paper of the Institute for Innovation and Technology Nr. 53) und Verwaltungen auf deren Weg zu klimaneutralen Verwaltungen, verbunden mit einer Nachhaltigkeit integrierenden Ausbildung sowie entsprechender Schulungsangebote für bereits im öffentlichen Dienst Beschäftigter. Hierneben haben auch die Hochschulen für den öffentlichen Dienst sich selbst weiterzuentwickeln, mit nachhaltigen Beschaffungen, einer nachhaltigen Mensa oder Konzepten nachhaltigerer Mobilität von Lehrenden und Lernenden.
Diese Spektren der Nachhaltigkeit an den Hochschulen für den öffentlichen Dienst sollen auf dem 32. Glienicker Gespräch beleuchtet und diskutiert werden.
Aktuelle Glienicker Thesen
Thesen des 31. Glienicker Gesprächs 2022: Die Hochschulen für den öffentlichen Dienst nach der Corona-Pandemie – digitaler lehren und prüfen, vernetzter forschen?
Die folgenden Thesen wurden in den angebotenen drei Workshops der Veranstaltung erarbeitet, am letzten Veranstaltungstag im Plenum vorgestellt, diskutiert sowie in diesem Prozess teilweise noch leicht modifiziert oder ergänzt.
Workshop 1: „Forschung für und mit dem öffentlichen Dienst“
Moderation: Prof. Dr. Joachim Beck (Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl)
These 1: (Angewandte) Verwaltungsforschung ist wichtig vor dem Hintergrund der Verantwortung für Verständnis und Weiterentwicklung der Praxis und Gesellschaft.
These 2: Forschung ist Aufgabe der Hochschulen für den öffentlichen Dienst (HöDs) und Teil des Selbstverständnisses ihrer ProfessorInnen. Sie ist unmittelbar relevant für die auf lebenslanges Lernen ausgerichtete Hochschullehre (wissenschaftsbasierte Lehre) und die Gewinnung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
These 3: Die Trägerbehörden sehen in den HöDs jedoch kaum Forschungspartner, sondern wenden sich eher an die Universitäten, obwohl die HöDs dichter an der Praxis sind. Hierfür ist bei den Trägerbehörden ein Bewusstsein zu schaffen.
These 4: Forschungsfreiheit gerade der HöD-ProfessorInnen sollte gelebt werden, auch emanzipiert vom Träger (Forschungsselbstverständnis).
These 5: Für höhere Forschungstätigkeiten bedarf es besserer Unterstützungen/Ressourcen (Lehrdeputatsermäßigungen, Mittelbau, studentische Hilfskräfte). Hierzu sollte ein struktureller Vergleich der Forschungsbedingungen an den einzelnen HöDs angestellt werden.
These 6: Es müssen Forschungsorganisationsstrukturen geschaffen werden, um das vorhandene Forschungspotenzial zu nutzen (Knowhow der HöD-ProfessorInnen, Abschlussarbeiten, Projektarbeiten, Beratungsprojekte, Weiterbildungsveranstaltungen mit der Praxis).
These 7: Die HöDs sollten
- ein eigenes Forschungsprofil (insbesondere ihre Multidisziplinarität und ihre angewandte Verwaltungsforschung) entwickeln.
- ihre Forschungstätigkeiten weiter professionalisieren und sichtbar machen.
- für die Forschungspotenziale Werbung/Lobbyarbeit machen.
Hierzu empfehlen sich – auch um sich mit hinreichender Tiefe mit bestimmten Themen auseinandersetzen zu können – institutionalisierte Vernetzungen zur Kompetenzbündelung (evtl. in Zusammenarbeit mit der DUV Speyer über einen Sonderforschungsbereich bzw. mit dem Förderverein der Hochschulrektorenkonferenz für den öffentlichen Dienst) sowie ggf. Tagungsreihen / Forschungsseminare zu Verwaltungswissenschaften komplementär zur universitären Verwaltungsforschung (evtl. in Kooperation mit ausländischen Universitäten) zu intensivieren und mit einer Programmatik zu versehen.
These 8: HöDs sollten das Promotionsrecht erhalten. (Habilitierte) HöD-ProfessorInnen sollten (habilitierten) UniversitätsprofessorInnen gleichgestellt werden, ohne nachweisen zu müssen, hinreichende Forschungserfahrungen / Drittmitteleinwerbungen zu haben.
Workshop 2: „Digitale Lehre zum Studienerfolg. Einbindungen stärken, Autonomie erweitern, Kompetenzerleben fördern“
Moderation: Prof. Dr. Tobias Ringeisen (HWR Berlin)
Grundlegend ist ein umfassendes Verständnis, was eine Lehrveranstaltung leisten muss:
These 1:Eine Lehrveranstaltung ist mehr als reine Wissensvermittlung: sie sollte die Bedürfnisse der Studierenden nach Autonomie, Kompetenzerleben und Eingebundenheit berücksichtigen.
These 2:Die Lehrveranstaltungen sollten für Wahloptionen (z.B. zu Inhalten / Prüfungsformat), Feedback (z.B. zu Arbeitsweise / Ergebnis) und das Etablieren einer gemeinsamen Umgangskultur Raum bieten.
These 3: Die Präsenzlehre ermöglicht Lehrenden, relativ einfach Eingebundenheit zu fördern.
These 4:Die digitale Lehre ermöglicht Lehrenden, vor allem Autonomie (z.B. wann und wo gelernt wird) und Kompetenzerleben (durch digitale Feedback-Tools und Selbsttests) zu fördern.
These 5: Mithilfe digitaler Lehr-/Lernangebote entstehen Veranstaltungsformate (z.B. Wahlpflichtangebote, Repetitorien), die künftig auch hochschulübergreifend genutzt werden können.
These 6: Die Lehrenden benötigen Medienkompetenz, um (digitale) Lehre bedürfnis- und damit lernförderlich zu gestalten.
These 7: Die Anforderungen der vielfältigen Formen digitaler Lehre müssen sich in der Deputatsregelung angemessen und differenziert widerspiegeln.
These 8: Durch die Digitalisierung der Lehre entstehen neue virtuelle Lernräume. Gleichzeitig müssen alle vorhandenen physischen Lernräume erhalten und angepasst werden.
These 9: Insgesamt verlangt digitale Lehre eine angemessene Ressourcenausstattung und darf daher nicht als Einsparpotenzial missverstanden werden.
Workshop 3: „Digital prüfen“
Moderation: Prof. Dr. Lars Michaelis (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen)
These 1: Die HöDs sind auch für die Zeit nach der Pandemie aufgerufen, sich mit neuen, insbesondere digitalen Prüfungsformen auseinander zu setzen und zu experimentieren. Moderne Formen der Prüfungen sollten dabei anwendungsorientiert auf künftige Kompetenzen und Kulturtechniken ausgerichtet sein (z.B. open-book- oder open-web-Prüfungen).
These 2: Die rechtlichen Voraussetzungen müssen in den Ländern (Hochschulgesetze) sowie in den Studien- und Prüfungsordnungen geschaffen werden. Insbesondere datenschutzrechtliche Vorgaben, aber auch Urheberrechtsschutz und Privatsphäreschutz dürfen keine unüberwindbaren Hindernisse für die Implementierung moderner Prüfungsverfahren sein.
These 3: Digitale Prüfungen erfordern eine angemessene Ressourcenausstattung (z.B. Zeit, Technik, Lehr- und Supportpersonal), um die digitale Transformation auf Dauer abzusichern.
These 4: Digitales Prüfen muss in die Digitalisierungsstrategien der Hochschulen von Beginn an eingebunden sein.
These 5: Paper/Pencil-Prüfungen können ggf. durch hybride Formen abgelöst werden (z.B. ePortfolios mit mündlicher Kontrolle).
These 6: Das Potenzial digitaler Prüfungen sollte für Effizienzsteigerungen im Workflow (Korrekturen) unter Vermeidung von Medienbrüchen genutzt werden.
32. Glienicker Gespräch 2023
Die Tagungsunterlagen zum 32. Glienicker Gespräch 2023 (10.-12.5.2023) zum Thema „Nachhaltigkeit in Ausbildung und Forschung für den öffentlichen Dienst“ finden Sie rechts.
Tagungsort
Die Tagung findet an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Campus Lichtenberg, Alt-Friedrichsfelde 60, 10315 Berlin statt.