Doktorandinnen und Doktoranden von der HWR? Promotion an einer FH? Was auf den ersten Blick etwas widersprüchlich erscheinen mag, ist gelebte Realität. Bachelor- und Masterabschluss von einer anwendungsorientierten Fachhochschule mit Praktika und Praxisbezug, und doch können FH- Absolventen und Absolventinnen promovieren, denn vor dem Berliner Hochschulgesetz (§ 35, Abs. 2 BerlHG) sind Masterabschlüsse einer Universität und einer Fachhochschule gleichwertig und ermöglichen beide die Zulassung zur Promotion.
Trotzdem ist der Weg zum Doktortitel für FH-Absolvent/innen im Vergleich zu Uniabsolvent/innen oftmals mit größeren Hürden verbunden. Aufgrund mangelnder Kontakte und Bezüge zu Universitäten stehen sie bei der Suche nach einem bzw. einer Promotionsbetreuer/in an einer Uni vor größeren Herausforderungen, denn Promotionen an Fachhochschulen setzen ein kooperatives Verfahren mit Universitäten voraus, wobei der Erstgutachter ein Universitätsprofessor sein muss.
Um den zukünftigen Doktorandinnen und Doktoranden den Zugang zu einer Promotion zu erleichtern und sie währenddessen zu unterstützen, wurde im April 2015 das „Promotionskolleg“ eingerichtet. Das im Studium Generale angesiedelte Programm richtet sich vorrangig an HWR-Absolvent/innen, wissenschaftliche Mitarbeiter/innen und interessierte Lehrkräfte der Hochschule. Die wesentliche Voraussetzung zur Aufnahme in das Kolleg ist aber ein verbindlicher Kontakt zu einem bzw. einer betreuenden Professor/in der HWR. Doktorandinnen und Doktoranden müssen also nicht zwangläufig HWR-Absolvent/innen sein.
Das Promotionskolleg begleitet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über drei Jahre hinweg. Neben Unterstützung und Hilfestellung beim Schreiben der Dissertation soll das Kolleg auch für den späteren Karriereweg in Wissenschaft und/oder Wirtschaft qualifizieren. In vier Modulen werden Forschungs-, Führungs-, Kommunikations- und , Fachkompetenzen gefördert.
„Das Bild von Wissenschaftlern hat sich verändert. Es wird immer wichtiger, dass man sich und seine Forschung auch gut präsentieren kann. Es müssen Konferenzen gehalten und organisiert werden, und auch die Vernetzung untereinander ist von großer Bedeutung. Mit dem Promotionskolleg wollen wir auch diese Fähigkeiten eines modernen Wissenschaftlers fördern“, so Dr. Bettina Biedermann, Forschungsreferentin im Zentralreferat Forschungsförderung.
Das Angebot zielt also vor allem auf Unterstützungs- und Weiterbildungsmaßnahmen ab, die den veränderten Ansprüchen an eine Promotionsphase entsprechen.
Die Inhalte werden in Form von Workshops, Seminaren und Symposien vermittelt. Das konkrete Programm stimmen die betreuenden Professor/innen zusammen mit dem Beirat des Promotionskollegs ab, aber auch die Teilnehmer/innen können Vorschläge machen. Auf Wunsch der Doktorand/innen gab es bereits zwei Didaktik-Veranstaltungen zum Thema „Wie mache ich gute Lehre?“ und „Wie plane ich eine Lehrveranstaltung?“. Ein anderes Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war das Fehlen von Arbeitsräumen, die nun im Rahmen des Kollegs zur Verfügung gestellt werden.
„Die Doktorand/innen sollen hier eine Art ‚Heimat‘ haben. Wir wollen ihnen eine Anbindung an die Hochschule ermöglichen, weil sie an den Universitäten oftmals neu und nicht so vernetzt sind“, erklärt Frau Biedermann.
Weiterhin bietet das Promotionskolleg seinen Teilnehmer/innen eine Plattform für einen Forschungsaustausch und Networking-Aktivitäten. Um sich gegenseitig zu unterstützen und zu motivieren, organisieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer regelmäßig und unabhängig von dem offiziellen Programm einen Stammtisch, zu dem auch bereits Promovierte eingeladen sind, die ihre Erfahrungen teilen und an der ein oder anderen Stelle hilfreiche Tips und Motivation liefern können. Auch das ist Ziel des Programms: der Vereinzelung entgegenwirken und dazu beitragen, dass die Dissertation auch erfolgreich zu Ende gebracht wird.
Das Promotionskolleg macht nach außen sichtbar, dass auch viele FH-Absolventen und Absolventinnen den Wunsch haben zu promovieren. „Wir fördern den wissenschaftlichen Nachwuchs und ermöglichen Promotionen“, so heißt es im Leitbild. Die HWR begleitet Promovierende auf diesem Weg und zeigt, dass sie ihren Forschungsauftrag ernst nimmt und umsetzt.