Hochschulen in der Corona-Krise – Was hat sich getan?

7 Dez., 2020

Es ist nun schon das zweite Semester, welches aufgrund der Corona-Krise fast vollständig digital stattfindet. Doch was hat sich seit dem Sommersemester an den Hochschulen getan? Dies hat der Stifterverband in Kooperation mit McKinsey im Juli/August untersucht und hierfür mehr als 11.000 Studierende und mehr als 1.800 Lehrende an deutschen Hochschulen befragt. In diesem Artikel werden die zentralen Ergebnisse dieser Umfrage dargestellt, sowie auf Erkenntnisse aus der hochschulweiten Befragung zur Online-Lehre 2020 an der HWR Berlin eingegangen.

Schnelles Handeln

Zu Beginn der Pandemie war schnelles Handeln von den Hochschulen gefragt, denn Präsenzlehre war plötzlich nicht mehr möglich. Die Umfrage vom Stifterverband und McKinsey zeigt, dass die Umstellung zu digitalen Lehrangeboten in der Regel innerhalb von 30 Tagen geschah. Des Weiteren gaben im Wintersemester 2019/20 1.800 befragte Lehrende an, dass gerade einmal 12 % der Lehrangebote digital zur Verfügung stehen, seit Beginn der Pandemie hat sich dies auf 91 % erhöht.

Bewertung der Studierenden

Doch wie bewerten die Studierenden diese Umstellung?  Dies hängt von der Veranstaltungsform ab. Lehrformate, die in größerer Anzahl von Personen stattfinden, wie z. B. Vorlesungen, werden besonders positiv bewertet. Hingegen Lehrformate in kleineren Gruppen, wie in Übungen, eher negativ bewertet werden.  Außerdem können weder Videochats noch WhatsApp-Gruppen das Campusleben ersetzen. Nach der Vorlesung mal eben schnell einen Kaffee holen oder sich gemeinsam beim Essen in der Mensa austauschen, das vermissen viele Studierende. Vor allem den Austauschstudierenden und Erstsemestern, welche noch keine Erfahrungen mit dem regulären Campusleben gesammelt haben, fehlen Interaktions- und Präsenzformate. Das Sozialleben leidet und zuhause kommt es schneller zu Motivations- und Konzentrationsproblemen. Darüber hinaus fehlen auch die persönlichen Austauschmöglichkeiten mit den Lehrenden.

Bewertung der Lehrenden

Der überwiegende Anteil der Lehrenden steht einer langfristigen Digitalisierung der Lehre positiv gegenüber und ca. die Hälfte möchte auch zukünftig Veranstaltungen in digitalen Formaten anbieten. Trotzdem ist auch zu beachten, dass dennoch jeder vierte Lehrende Digitalformaten negativ gegenübersteht, daher ist der Einbezug von Lehrenden in den Umgestaltungsprozess von großer Bedeutung.

Kommunikation und Interaktion zwischen den Studierenden und Lehrenden

Erkenntnisse aus der hochschulweiten Befragung zur Online-Lehre 2020 an der HWR Berlin zeigen, dass die Online-Kommunikation einige Schwierigkeiten bietet. Ein Lehrender berichtet z. B. über die Problematik, dass es weniger Kanäle für Rückmeldungen gibt. Es sei dadurch schwieriger einzuschätzen, ob die Studierenden noch konzentriert sind oder eine Pause brauchen. Studierende bewerten die Online-Kommunikation zwischen beiden Seiten als Nachteil des Online-Studiums, es wird sich daher beispielsweise gewünscht, dass mehr Zeit für Kommunikation gegeben wird, während den Veranstaltungen und vor allem auch zu Beginn des Semesters. Trotz dieser Kritik wollen auch an der HWR die Lehrenden langfristig Online-Formate anbieten. Die Studierenden sehen außerdem als wichtigen Gewinn des Online-Semesters die Zeitersparnis sowie die zeitliche Flexibilität. Im (internen) Moodlekurs „Diskussionsforum Online-Semester 2020“ (https://moodle.hwr-berlin.de/course/view.php?id=57037) können die Ergebnisse der Befragung nachgelesen und diskutiert werden.

Verbesserungspotenzial

Seit Beginn der Pandemie hat sich also schon sehr viel an den Hochschulen getan, dennoch gibt es noch Verbesserungspotenzial, welches der Stifterverband in Kooperation mit McKinsey in dem Diskussionspapier 4 genauer aufführt. Hier ein Einblick in die Erkenntnisse, was es noch zu tun gibt, z. B.:

  • Vereinheitlichung von IT-Lösungen
  • Fort- und Weiterbildungen von Lehrenden zur Verbesserung der Digitalkompetenz
  • Studierenden einen schnellen Zugang zu erforderlicher technischer Ausstattung ermöglichen
  • Eine zusätzliche Technikpauschale im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)
  • Ausbau didaktischer Formate: Entwicklung didaktischer Methoden, welche die Integration von digitaler und analoger Lehre ermöglicht

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung an den Hochschulen in kurzer Zeit stark vorangetrieben. Es bleibt zu hoffen, dass die Lernkurve noch weiter steigt und an die gemachten Fortschritte, auch nach der Pandemie, angeknüpft werden.

Quelle: Mathias Winde, Said D. Werner, Barbara Gumbmann, Solveigh Hieronimus: Hochschulen, Corona und jetzt? Herausgegeben vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, erschienen im Oktober 2020 und zu finden auf: https://www.stifterverband.org/medien/hochschulen-corona-und-jetzt

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