Es gibt seit ca. einem halben Jahr eine neue App im Play- sowie im Appstore, die erst einmal viel Neugierde weckt, wenn man einmal von seiner Funktion gehört hat. Periscope, so heißt diese App, bietet die Möglichkeit, Live-Broadcasts mit Bild und Ton durch minimalen Aufwand zu erzeugen und diese mit der ganzen Welt oder einer bestimmten Gruppe zu teilen.
Zwar gibt es solch eine Technik in ähnlicher Form schon länger und auch durchaus für professionellere Einsätze, doch noch nie war es so einfach und schnell diese gezielt einzusetzen. Einen weiteren großen Vorteil hat Periscope schon von seinem Start: Es nutzt das Netzwerk von Twitter und hat somit enorm großes Verbreitungspotential. Wer also ein Twitter Account besitzt, kann nach dem kostenlosen Download der 20 MB großen App direkt anfangen, zu „broadcasten/streamen“. Jeder begonnene Live-Stream wird im jeweilig eingeloggten Twitter Account mit einem Tweet verkündet und lässt sich mit beigefügtem Link sogar am Desktop Rechner sofort von den Follower mitbetrachten. Allerdings hat die Desktop Version die Einschränkung, den Verlauf des Chats zwar mit zu verfolgen, jedoch ohne selber mitschreiben und somit Rückfragen stellen zu können. Selber mitzuschreiben ist lediglich den mobile Usern vorbehalten und sollte daher bei etwas schwierigerem Stoff vorgezogen werden.
Wer sich bei Periscope einmal eingeloggt hat und auf der Weltkarten-Sicht die einzelnen Broadcasting-Punkte (s. Abb. 2) anklickt, der erkennt dann jedoch schnell, dass die meisten Live-Streams keinen allzu großen ernst zu nehmenden Hintergrund haben. Dabei merkt man, dass die App hauptsächlich von Teenagern mit anfänglichen Symptomen einer Profilneurose gerne ausprobiert wird. Es kann somit passieren, dass man sich plötzlich in einem vollbesetzten Auto mit heranwachsenden jugendlichen Männern befindet, wie sie mit einer weiblichen Zuschauerin verzweifelt flirtend, mit Schweizer Akzent(!), ihre Adresse heraus bekommen möchten. Oder wie dauerkichernde schwedische Mädchen sich auf ihrem Jugendbett, die Freundin mit der Hand vor den Augen abfilmen und sich über die verteilten Herzchen (vergleichbar mit einem Like von Facebook) wundern und freuen.
Es gibt allerdings auch konstruktivere Beispiele, wie Periscope gerade für Lehrzwecke sinnvoll eingesetzt werden kann. Der in der Türkei lebende Ekol Hoca geht als Nachhilfe-Lehrer seit ca. vier Monaten jeden Abend um 22 Uhr live auf Periscope mathematische Aufgaben durch. Jeden Abend übertrifft er dabei um die 1500 Zuschauer und hat somit insgesamt schon 92.000 Follower auf Twitter zusammen sammeln können. Das läuft sogar so gut, dass der CEO von Periscope, Kayvon Beykpour, ihm und seinen Schülern Live-Einblicke in die Räume von Periscope gewährt hatte, inklusive einer Frage-Antwort-Runde.
Die kinderleichte Installation und die spielerische Usability von Periscope könnten somit für viele einen leichten Einstieg in die Welt des E-Learnings bedeuten und mit der Live-Streamingmöglichkeit eine ungeahnte Nähe zum vermittelten Stoff liefern. Vorausgesetzt natürlich, man folgt den richtigen Leuten. Ich selbst habe bereits mein gutes italienisches Linsensuppe Menü live gestreamt und insgesamt über 50 Herzchen erhalten – ein kleiner Erfolg.
0 Kommentare