Da wir den benachteiligten Abiturient/innen-Jahrgang 2021 nicht „überspringen“ und ganze 70 Partnerunternehmen der dualen Studiengänge sich vorstellen wollten, musste das Event ins Netz wandern. Leichter gesagt als getan – es ist so, als ob man bis jetzt Häuser mit dem Bleistift entworfen hätte und diese nun aber innerhalb von drei Monaten in 3-D zeichnen müsste. Der Fachbereich Duales Studium brauchte einen Crash-Kurs im Bereich Online-Veranstaltungen und wie in zahlreichen anderen Fällen im letzten Corona-Jahr konnte nicht die Abteilung Facility Management, sondern das E-Learning Zentrum helfen. Die Antwort auf unser Problem hieß „Wir streamen mit Pexip“ – noch nie davon gehört. Zoom, MS-Teams, BigBlueButton ja, aber was ist bitte schön „Pexip“?
Das ist der Videokonferenzdienst des Deutschen Forschungsnetzes – keine Schönheit, eher sachlich, distanziert und simpel. Was kann es gut: Streamen, hunderte von Zuschauer/innen haben, chatten. Was kann es nicht so gut: alle Professor/innen für sich gewinnen, die direkte Kommunikation per Kamera mit mehr als 23 Personen, interaktive oder kollaborative Gruppenarbeit. Man muss solche Tools verstehen und lieben lernen. Also ein Tool für das stabile, technisch abgesicherte Streamen von größeren Veranstaltungen, bei welchen auf eine direkte Kommunikation mit dem „Publikum“ durch Ton und Kamera verzichtet werden kann (Interaktion nur über einen Chat), dafür aber ist die Überlastung des Systems so gut wie ausgeschlossen – auch wenn alle Berliner Abiturient/innen sich gleichzeitig dazu schalten würden.
Also lassen wir uns auf die distanzierte Nicht-Schönheit ein. Um sie lieb zu gewinnen oder sogar nur zu nutzen, muss man sie kennenlernen. Test-Termine für eine Veranstaltung zu organisieren, welche 84 Streamings sowie 70 teilnehmende Partnerunternehmen umfasst (manche davon mit 5 Vortragenden), ist vergleichbar mit der Teilnahme in einem Dating-Portal. Unser erstes „Date“ mit den Usern ist fast danebengegangen – „Es ist keiner im Raum“, „Wir sind nicht zu sehen“, „Das verstehe ich nicht“, „Warum nehmen wir nicht Zoom?“… Zu unserem Glück fiel das hybride Semester aus und es konnten Tutor/innen des E-Learning Zentrums für alle HWR-Vortragenden gefunden werden – sie wussten wie man das Tool bedient und ab dann wurden unsere Dates entspannter. Wir hatten trotzdem Stamm-Gäste und Telefon-Freunde, die gern mehrere Dates wahrnahmen und/oder uns täglich anriefen. So findet man auch Freunde und unser Pexip konnte ein paar Wohlgesinnte gebrauchen.
Wir müssen zugeben – es ist auch nicht ganz leicht für die mutigen Pexip-Nutzer/innen „ins Leere“ zu sprechen, also vor einem imaginären Publikum, welches man nicht sehen oder zählen konnte. Interessanterweise war es Vielen extrem wichtig zu wissen, wie viele Personen sich das Streaming live anschauen. Hier konnten wir nicht helfen, da wir selbst erst im Nachhinein die Zuschauer/innen-Statistik sehen konnten. Einen Tipp hatten wir schon: „Stellen Sie sich vor, es ist wie im Fernsehen – Sie müssen einfach in die Kamera sprechen“ – irgendjemand ist immer da draußen.
Und wir hätten es fast vergessen – wie bei allen guten Vermittlern gab es natürlich auch die Hotline für diejenigen, die am Veranstaltungstag Probleme mit dem Tool hatten. Hinter der Hotline verbarg sich eine Person aus dem E-Learning Zentrum, die für die imaginäre Schar von Call-Center-Mitarbeitern geradestehen durfte – und das immer mit riesiger Entspanntheit und Verständnis für jede Frage.
84 Streamings, 1610 Zuschauer/innen und 22 Stunden Aufzeichnungen später können wir sagen – eine Woche kann verdammt lang sein, aber Pexip ist schon okay!
Ein ehrliches Tool, das eine klare Sprache spricht. „The room has been destroyed“ ist die letzte Pexip-Botschaft, die man sieht, wenn man das Streaming beendet, da das Tool vorsorglich gleich auch den Chat-Room „zerstört“. Einige konnten damit nichts anfangen, wir lieben den Spruch.
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