Grundlagen für ein erfolgreiches Studium durch Bootcamp schaffen

9 Dez, 2014

Prof. Dr. Birgit Felden und Siegrid Nordhausen (beide FB 1) haben im WiSe 2012-2013, gefördert durch die Qualitätsoffensive Lehre, erstmalig die Lehrveranstaltung „Selbstmanagement“ für die Erstsemester des Bachelorstudiengangs „Gründung und Nachfolge“, in Form eines Blockseminars bzw. Bootcamps in der Jungendherberge Wandlitz durchgeführt. ie Lernpsychologische und Gruppendynamische Forschung untermauert diese Erfahrung: Soziales Lernen gewinnt als Grundlage […]

Prof. Dr. Birgit Felden und Siegrid Nordhausen (beide FB 1) haben im WiSe 2012-2013, gefördert durch die Qualitätsoffensive Lehre, erstmalig die Lehrveranstaltung „Selbstmanagement“ für die Erstsemester des Bachelorstudiengangs „Gründung und Nachfolge“, in Form eines Blockseminars bzw. Bootcamps in der Jungendherberge Wandlitz durchgeführt. ie Lernpsychologische und Gruppendynamische Forschung untermauert diese Erfahrung: Soziales Lernen gewinnt als Grundlage für handlungsorientiertes, problemlösendes und selbstbestimmtes Lernen an Bedeutung. Neben den motivationsförderlichen Aspekten selbstbestimmten Lernens, hat auch die Neurobiologie und Stressforschung die positiven Effekte von konstruktiver Gruppendynamik für emotionale Bindung, gutes Stresslevel (Eustress) und Voneinander Lernen bestätigt.

Ziel war es, den neuen Studierenden einen bestmöglichen Start in ihr Studium zu geben. Während des Bootcamps wurde der Aufbau und die Grundstruktur des Studiengangs sowie die einzelnen Module in einen Gesamtkontext gestellt, im Rahmen eines Erstsemesterhandbuchs arbeiteten die Studierenden ihre individuellen Schwerpunkte und Interessen heraus, erhielten einen ersten Eindruck, ob und in welcher Form eine unternehmerische Tätigkeit ihrem Wesen entspricht und wie sie die eigenen Potenziale in diesem Bereich optimal nutzen. Schließlich stand auch die Vernetzung untereinander zu einer arbeitsfähigen Jahrgangsgruppe im Vordergrund

Anlass für die Innovation der Veranstaltung waren u.a. folgende Rückmeldungen von Studierenden aus älteren Semestern:

  • Ich habe meine Kommiliton/innen in meinem Jahrgang erst nach einem Jahr richtig kennen gelernt – wir hätten schneller voneinander lernen und profitieren können.
  • Gerade am Anfang des Studiums ist doch so viel Neues dabei, man muss immer suchen, wo die Informationen zu finden sind.
  • Ich habe erst beim Planspiel (im zweiten Studienabschnitt) verstanden, wie die einzelnen Veranstaltungen des ersten Studienabschnitts zusammen hängen.
  • Warum muss man als Gründer Mikro- und Wirtschaftsmathematik lernen – das braucht man doch eh nie in der Praxis!

Inhalt und Aufbau des Bootcamps:

Anders als in einer typischen Veranstaltung an der HWR haben die Studierenden die Möglichkeit erhalten, durch ein intensives Kennenlernen untereinander, in fremder Umgebung außerhalb der Hochschule

  • Hemmungen abzubauen und Teambildung für das Studium als Chance zu nutzen,
  • Stärken und Schwächen bei sich und anderen zu erkennen,
  • den bestmöglichen persönlichen Nutzen aus dem Studiengang Unternehmensgründung und –nachfolge zu ziehen,
  • aus der Vielfalt und dem Teilen von Fähigkeiten und Talenten kreative und tragfähige unternehmerische Ideen zu entwickeln.

Die Veranstaltung ist in mehrere Blöcke unterteilt: 

1. Block: Teilnehmer/innen lernen sich untereinander kennen und beleben durch spielerische Übungen mit kreativen Elementen ihre „Spielfreude“ und „Neugierde“. Die Teilnehmer/innen tauschen sich darüber aus, was ein/e Unternehmer/in ist.

2. Block Entrepreneur – Bin ich eine/r? In der zweiten Einheit ging es darum, unternehmerische Kompetenzen, aber auch Lücken zu entdecken die durch das Studium gefüllt werden sollten. Auch auf die Unterschiede zwischen Neugründung und Übernahme wurde hingewiesen.

3. Block Studiengang: In der dritten Einheit wurden die studiengangsspezifischen Elemente einer Unternehmenslandkarte zugeordnet, um die Verbindungen zwischen den Themen (entsprechend der einzelnen Veranstaltungen des Studiengangs) herauszuarbeiten und zu vernetzen.

4. Block: Individualisierung des Studiums: Die Studierenden bauten sich das Erstsemesterhandbuch als individuellen Leitfaden für das gesamte Studium auf.

5. Block: Vernetzung: In der Abendveranstaltung mit Studierenden älterer Semester und den Dozent/innen des Studiengangs sollten die Erstsemester jahrgangsübergreifend Ansprechpartner/innen und möglichst viele Dozent/innen des Studiengangs kennen lernen.

6. Block: Reflektion: Die Studierenden reflektierten Erwartungen und Beiträge im Studium und thematisierten offene Fragen. Durch eine gezielte Durchmischung der Gesamtgruppe in immer neue Kleingruppen entstanden Lerngruppen für das restliche Studium.

Ergebnisse und Auswertung:

Der innovative Ansatz führte zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Studierenden lernten ihre Kommiliton/innen intensiv kennen und fühlten sich als Erstsemester nicht mehr isoliert.
  • Sie lernten die Philosophie des Studiengangs kennen, konnten seine Inhalte im Gesamtkontext einordnen und empfanden damit kein Unwohlsein mehr gegenüber einzelnen Fächern.
  • Sie haben erkannt, dass es als Unternehmer/in darum geht, die Balance zwischen Alt-Bewährtem und Offenheit für Neuem, selbst(und)ständig auszutarieren.
  • Sie entwickelten eigene Zielvereinbarungen für das Studium und eine neugierige Lernbereitschaft für das Studium.
  • Sie lernten einige Dozenten, die auch als Ansprechpartner/innen für Fragen des Studiums zur Verfügung stehen, kennen und bauten die Scheu vor den Lehrenden ab.
  • Die Studierenden lernten sich selber im Studium besser zu organisieren
  • Sie gewannen an Sicherheit im Auftreten , z.B. vor Gruppen

Fazit und Mehrwert:

Es wurden vor allem Denkanstöße bei den Studierenden in Gang gesetzt. Ein großer Mehrwert im Gegensatz zum früheren Format ist, dass sich die neuen Studierenden sehr intensiv kennenlernen, und dadurch ein Vertrauen und das Gefühl von Zugehörigkeit entstehen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich das Bootcamp sehr positiv auf das Lernen und das Klima im Studium und in den Lehrveranstaltungen auswirkt. Wir haben den Eindruck, dass sich die Studierenden im nachfolgenden Studium besser strukturieren können. Im Gegensatz zu früheren Jahrgängen sind viele Studierende für ein Semester ins Ausland gegangen.

Das Veranstaltungsformat hat sich sehr bewährt und fand im November 2014 bereits zum dritten Mal statt.

Wir sehen dieses Konzept als sehr guten Start in ein erfolgreiches, effektives Studium an, und halten es für Erstsemester auch für andere Studiengänge für sinnvoll.

Literatur:

  • Wellhöfer, Peter R.: Gruppendynamik und soziales Lernen. Theorie und Praxis der Arbeit mit Gruppen. Konstanz und München 2012
  • Deci, Edward L/Ryan, Richard M.: Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. In Zeitschrift für Pädagogik. 39. Jahrgang. 1993, Nr. 2.
  • Edelmann, Walter: Lernpsychologie. Weinheim 2000
  • Hüther, Gerald: Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn. Göttingen 2006
  • Vester, Frederic: Denken, Lernen, Vergessen. München 1997

Autor/innen: Prof. Dr. Birgit Felden und Siegrid Nordhausen

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