Call for Papers: Pro und Contra der Einbindung von Social Networks in die Lehre bei berufsbegleitenden Studiengängen

19 Apr, 2012

von Hoerber, G.; Schuster, A. Lernszenarien für Studiengänge zu entwickeln ist die Kunst, unterschiedlichen Bedürfnissen von Studierenden, aufgrund ihres Alters, Umfelds, Erwartungshaltung oder Berufserfahrung, gerecht zu werden, um bestimmte Kompetenzen zu vermitteln. Bei berufsbegleitenden Studiengängen kommt noch ein erhöhtes Maß an Flexibilität und individueller Betreuung der Studierenden hinzu. Dies wird ohne Zweifel durch den Einsatz […]

von Hoerber, G.; Schuster, A.
Lernszenarien für Studiengänge zu entwickeln ist die Kunst, unterschiedlichen Bedürfnissen
von Studierenden, aufgrund ihres Alters, Umfelds, Erwartungshaltung oder Berufserfahrung,
gerecht zu werden, um bestimmte Kompetenzen zu vermitteln.
Bei berufsbegleitenden Studiengängen kommt noch ein erhöhtes Maß an Flexibilität und
individueller Betreuung der Studierenden hinzu.
Dies wird ohne Zweifel durch den Einsatz von E-Learning oder Blended Learning sehr
unterstützt. Lernen zu jeder Zeit und von jedem Ort, der über einen Internetanschluss verfügt. Die Hochschulen wurden in den letzten Jahren mit hohen Fördergeldern zum
Aufbau von E-Learning-Konzepten (Hardware und Software) unterstützt. Jedoch wurde
oftmals dem didaktischen Konzept dieser neuen Art der Kompetenzvermittlung nicht
Rechnung getragen. Die klassische Vorlesungssituation wird häufig unverändert auf digitale
Medien übertragen und meist ist der Lehrende dabei auf die Rahmenbedingungen der
Hochschule angewiesen. Dabei zeigen Studien, dass gerade die Didaktik im Zusammenspiel
mit dem verwendetem Medium die größten Lerneffekte erzielt. [1]
Blended Learning heißt auch, auf die Bedürfnisse von Studierenden einzugehen und auf
Medien zurückzugreifen, die den Nutzern bereits vertraut sind: Lehrinhalte vermitteln und
zugleich eine aktive Projektarbeit fördern.
Als Barriere kann sich hier das eigene IT-Konzept einer Hochschule erweisen. Um die
ureigenen Kernkompetenzen zu schützen, werden die Lernplattformen zum „Fort-Knox“ der
eigenen Wissenslandschaft aufgebaut. Dies ist einerseits verständlich, sollen doch
Lernskripte, Prüfungen und Vorlagen nicht im Web für alle zugänglich gemacht werden.
Andererseits wird der schnelle und unkomplizierte Austausch in Rahmen von
interdisziplinären Projektarbeiten erschwert. Zusätzlich hält die Aktualität der
Lernplattformensoftware häufig nicht Schritt mit den immer neueren Anwendungen im WEB
2.0 – und diese sind den Studierenden meist sehr vertraut. Sie sind es gewohnt, schnell auf
weltweit leicht verfügbare Inhalte zurückzugreifen, diese zu verwalten, zu verändern und mit
Hilfe von weiteren interaktiven Anwendungen zu personalisieren.
Wie sollen sich Hochschulen also verhalten? Neue Software-Features in bestehende
Anwendungen zu implementieren ist teuer und mit hohem Abstimmungsbedarf innerhalb
der Hochschulen verbunden. Und wer kann mit Sicherheit bestätigen, ob diese Erweiterung
der Software wirklich für einen überschaubaren Zeitrahmen dem „state-of-the-art“ auf dem
IT-Markt der E-Learning-Anwendungen überhaupt entspricht? Erschwerend kommt hinzu,
dass alleine die benötigte Speicherkapazität für bereitgestellte Clouds, wohl jedes
Hochschulbudget auf Dauer sprengen würde. Die Alternative wären umstrittene externe
Datenspeicher [2].
Was bleibt, ist die Einbindung von oftmals in der Grauzone des Urheberrechts agierende
Social Networks von Facebook und Co [3]. Hier kann diskutiert, kommentiert und frei
argumentiert werden. Mit den hinterlegten Profilen können Gruppen gebildet und Treffen
vereinbart werden. Die Studierenden sind den Umgang mit Social Networks gewohnt und es
ist ein globaler, wissenschaftlicher Austausch möglich. Die für Projektarbeiten positive
Transparenz der Interessen und beruflichen Qualifikationen, hat aber durchaus seine
Schattenseiten [4]. Wie gehen Lehrende oder Studierende damit um, wenn neben dem
Projektergebnis auch gleich die aktuellen Fotos vom Badeurlaub gepostet werden?
Wie sollte also die Haltung der Hochschulen gegenüber Social Networks sein? Ist ein Blended
Learning-Konzept ohne entsprechende Einbindung von Facebook nicht innovativ und
modern genug? Und an welchen Stellen findet eine Grenzüberschreitung von privaten
Informationen zu wissenschaftlichen Meinungen statt?
Resümee
Solange Hochschulen hierfür keine Lösung gefunden haben, werden weiterhin individuelle
Einzellösungen kreiert und keine gemeinsame Clouds genutzt. Diese, und vor allem durch
Hochschulen organisiert, würden aber den Datenaustausch und damit die interdisziplinäre
Arbeit zwischen den Hochschulen, Studierenden und Lehrenden, wesentlich vereinfachen.
Im Rahmen des Forschungsprojektes MAAL (Masterstudiengang Ambient Assisted Living,
übersetzt etwa: Unterstütztes Leben im Alter oder von Personen mit gesundheitlichen
Einschränkungen) erprobt die HTW Berlin die interdisziplinäre Zusammenarbeit von
Ingenieur/-innen, Designer/-innen und Humanwissenschaftler/-innen mit einem hohen
Anteil an Projektarbeiten im Studium [5].
Die HTW Berlin entwickelt hier ein neues Didaktik-Konzept unter Einbindung von E-Learning,
WEB 2.0 und Präsenzzeiten. Die besondere Herausforderung ist hierbei, Studierenden mit
unterschiedlichem Alter und mit völlig unterschiedlichem beruflichem Hintergrund, im Team
erfolgreich zu einem Master im Kompetenzspektrum „Product Design und Consulting“ im
Produkt- und Dienstleistungsbereich AAL zu führen.
Literatur
[1] Kerres, M.; de Witt, C.; Stratmann, J.: E-Learning. Didaktische Konzepte für
erfolgreiches Lernen. Aus: Jahrbuch Personalentwicklung & Weiterbildung 2003
(hrsg. von Schwuchow, K. und Guttmann, J.), Luchterhand Verlag, 2002, S.1
[2] Prokop, D.: Wie Cloud Computing die Netze herausfordert. In: Computerwoche,
Stand: 03.02.2011, http://www.computerwoche.de/netzwerke/tk-netze/2367179,
Abrufdatum: 05.04.2012
[3] Roos, C.: Gegenwärtige Entwicklungen in wissenschaftlichen Netzwerken – Eine
Analyse der gegenwärtigen Scientific Communities im Zeitalter von WEB 2.0, Social
Networks und Business Plattformen. Studienarbeit. Norderstedt, GRIN Verlag, 1.
Auflage, 2011, S. 13
[4] Challel, M.: Mitarbeiterkommunikation im Social Web – Fluch oder Segen?
Studienarbeit. Norderstedt, GRIN Verlag, 1. Auflage, 2011, S. 7
[5] http://maal.htw-berlin.de
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hörber, HTW Berlin, Projektleiter

MAAL, Fachbereich 2, Maschinenbau
E-Mail: gerhard.hoerber@htw-berlin.de
Andrea Schuster, HTW Berlin, Projektkoordination
MAAL
E-Mail: andrea.schuster@htw-berlin.de
Adresse:
HTW Berlin
Wilhelminenhofstr. 75 A
12459 Berlin

0 Kommentare