Open Source Alternativen zu Skype, Zoom, FaceTime und Co.
Die derzeitige COVID-19-Pandemie fordert ein rücksichtsvolles Verhalten aller Mitbürgerinnen und Mitbürger. Um die Ausbreitungsgeschwindigkeit einzudämmen und dadurch das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, rät das Robert-Koch-Institut zu „gesamtgesellschaftliche[n] Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich sowie eine[r] Reduzierung der Reisetätigkeit“.1
Soziale Kontakte sollten nach Möglichkeit also nur noch virtuell stattfinden. Damit man sich virtuell treffen kann braucht man VoIP-Software (Voice over IP) mit Anbindung an Videocodecs und in den meisten Fällen auch Instant-Messaging-Diensten. Die Aktualität und Notwendigkeit über solche Tools zu informieren, führte zu diversen Produktvergleichen sowohl in Fachmedien, als auch allgemeinen Tageszeitungen. Es ist jedoch erschreckend festzustellen, wie einseitig nur über kommerzielle Angebote berichtet wird. Beispiele für Freie Software, die gegebenenfalls sogar auf dezentralen Infrastrukturen aufbauen, werden kaum oder nur am Rande vorgestellt. Im Folgenden werden nun solche Alternativen zu Skype, Google Hangouts, Zoom und Co. vorgestellt.
Jitsi
Jitsi wurde ursprünglich als Programmpaket entwickelt, das verschiedenste Protokolle in einem Instant-Messaging-Client zusammenfasst. In der letzten Version sind u.a. SIP, XMPP, Jingle und ICQ implementiert. Dieser Dienst soll allerdings zukünftig nicht weiter entwickelt werden und wird bereits heute nur noch rudimentär gepflegt.
Stattdessen wird seit 2015 der auf WebRTC basierende Dienst Jitsi Videobridge angeboten. Mit diesem sind Videokonferenzen über gängige Internetbrowser möglich, ohne dass weitere Software lokal installiert werden muss. Jitsi selbst bietet diesen Dienst unter der URL https://meet.jit.si/ bereits auf eigenen Servern kostenlos an. Ein lokales Hosten ist ebenfalls möglich.
Auf Grund der derzeitigen hohen Auslastung kann es vereinzelt zu serverseitigen Überlastungen kommen. Das Online-Portal Golem stellt deshalb temporär ebenfalls den Dienst auf eigenen Servern unter folgender URL bereit: https://meet.golem.de/.2
Nachtrag 24.03.2020, 18:50 Uhr:
Wie von Marcus Birkenkrahe bereits unter dem Beitrag kommentiert, wird auf dem ChaosPad des CCC eine Liste aktiver Jitsi-Server inklusive Anleitung gepflegt: https://pads.ccc.de/jitsiliste.
Zu den Funktionalitäten gehört neben der Audio/Video-Übertragung u.a. das Teilen des eigenen Bildschirms (Screensharing), das Schreiben von Textnachrichten innerhalb der Videokonferenz oder das Aufnehmen. Außerdem wird derzeit ein weiteres interessantes Feature namens „Blur my Background“ getestet. Dieses lässt den Hintergrund des Bildes verschwommen darstellen, führt allerdings derzeit noch zu Performance-Problemen.
Wer weitere Gruppenchat-Funktionen wie in Slack benötigt, kann z.B. den Instant-Messaging-Dienst Riot oder Zulip nutzen. Beide nutzen eine Anbindung an Jitsi für private Videokonferenzen in den jeweiligen Gruppenchat-Räumen.
Riot
Riot ist die offizielle Instanz des französischen Kommunikationsprotokolls Matrix, das u.a. vom französischen Militär für sichere Nachrichtenübertragung verwendet wird. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist im Dienst integriert muss allerdings optional aktiviert werden. Die Infrastruktur ist darüber hinaus dezentral organisiert.
Zulip
Zulip ist am ehesten mit Slack zu vergleichen. Der größte Unterschied ist, dass Zulip vollständig unter der freien Lizenz Apache License 2.0 zur Verfügung steht. Je nach Anforderung ist der Dienst kostenlos oder in verschiedenen Abonnements nutzbar. Im Vergleich zu den Open-Source-Konkurrenten Mattermost oder Rocket.Chat bietet Zulip neben der Möglichkeit des Self-Hostings auch das kostenlose Hosten auf Zulip-Servern an. Das spart Zeit und administrativen Aufwand.
Wire
Wire nutzt das Signal-Protokoll für eine sichere Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommuniaktion. Der Dienst wird vom Schweizer Unternehmen Wire Swiss GmbH angeboten, beinhaltet allerdings in der kostenlosen Lösung „Wire Privat“ nur einen sehr abgespeckten Funktionsumfang. Videokonferenzen sind hier nur mit maximal vier Teilnehmenden möglich.3
https://wire.com/de/products/personal-secure-messenger/
Jami
Wer sehr viel Wert auf Datenschutz und Datensicherheit legt, kann den Dienst Jami ausprobieren. Dieser ist in der jetzigen Form recht neu, das Projekt existiert allerdings als SIP-basierter Instant-Messanger unter dem Namen SFLPhone, bzw. GNU Ring bereits seit mehreren Jahren. Die Free Software Foundation empfiehlt die Software, auf Grund ihrer dezentralen und verschlüsselten Kommunikationsinfrastruktur4. Accounts werden lokal auf dem eigenen Rechner gespeichert, lediglich der Nutzername kann für die bessere Auffindbarkeit registriert werden.
Weitere
Signal
Signal ist eine freie und dezentrale Alternative zu WhatsApp. Beide Dienste verwenden das Signal-Protokoll. Videotelefonate funktionieren einwandfrei, Gruppentelefonate sind hingegen nicht möglich. Der Dienst ist in vollständigem Funktionsumfang nur für die Smartphone Betriebssysteme Android und iOS verfügbar.
Tox
Das Tox-Protokoll ist derzeit noch in Entwicklung. Von einer produktive Verwendung des Netzwerks ist derzeit abzuraten!5
Es empfiehlt sich durchaus die weiteren Entwicklungen im Blick zu behalten.
1 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html
2 https://www.golem.de/news/homeoffice-videokonferenzen-auf-eigenen-servern-mit-jitsi-meet-2003-147239.html
3 https://support.wire.com/hc/de/articles/360001019225-Eine-Videokonferenz-beginnen
4 https://directory.fsf.org/wiki/Jami
5 https://github.com/TokTok/c-toxcore
0 Kommentare