„Jenseits von Bachelor und Master“ – Innovation und Vielfalt in der wissenschaftlichen Weiterbildung

30 Sep, 2022

Wie sollten wissenschaftliche Weiterbildungsangebote in der Zukunft aussehen? Welche Möglichkeiten können Hochschulen den Studieninteressierten neben dem Beruf und außerhalb von langjährigen Bachelor- oder Master-Programmen bieten?
DGWF-Tagung Hashtag

Die letzten Wochen vor dem Start des Wintersemesters nutzte die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudiengänge (DGWF) für ihre Jahrestagung in den Räumen der HWR. Gemeinsam mit dem Vorstand der DGWF organisierte die Berlin Professional School ein wissenschaftliches Programm, das in der Zeit vom 14. bis zum 16. September aktuelle Forschungsfragen benannte, Best-Practice-Beispiele vorstellte und anregende Diskussionen zu allen Formen von Micro-Degrees, Zertifikaten und weiteren Formen von wissenschaftlichen Kurzprogrammen in der Weiterbildung aufwarf.

Den Auftakt für die Pre-Conference bildete ein Barcamp mit über 100 Teilnehmer*innen, die kollaborativ Wissen und Ideen zum Tagungsthema „Jenseits von Bachelor und Master – Innovation und Vielfalt in der wissenschaftlichen Weiterbildung“ kreieren wollten. In den parallel stattfindenden offenen Workshops, die von den Anwesenden gemeinsam ausgestaltet wurden, diskutierten die Beteiligten verschiedene Aspekte der Tagung, die auch in den nächsten Tagen eine Rolle spielen sollten – etwa zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Microdegrees in der Weiterbildung.

Im Anschluss folgte eine Campustour über das Gelände in Lichtenberg, das als ehemalige Verwaltungshochschule und Bezirkszentrale der DDR-Staatssicherheit noch einige historische Spuren aufzuweisen hat. Unter dem Motto „Auf den Spuren der Geschichte in Alt-Friedrichsfelde 60“ führte Prof. Dr. Marcel Kuhlmey die interessierten Konferenzteilnehmer*innen auch bis hinunter in den „Bunker“, um die Geschichte der Anlage erlebbar zu machen.

Für den Abschluss des ersten Tages hatten die Teilnehmer*innen dann die Möglichkeit, an einer exklusiven Abendführung durch den Tierpark Berlin teilzunehmen oder den Abend mit Gesprächen, Snacks und Getränken in den Konferenzräumen der HWR ausklingen zu lassen.

Am Donnerstagmorgen begrüßte der Präsident der HWR, Prof. Dr. Andreas Zaby, zum Anlass der offiziellen Eröffnung der Tagung die etwa 180 Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen und stellte kurz die HWR und das eigene Institut für Weiterbildung an der Hochschule – die Berlin Professional School – in Zahlen vor. Auch wies er darauf hin, dass die wissenschaftliche Weiterbildung bisher noch nie ihr Potenzial entfalten konnte und daher die Microdegrees und andere wissenschaftliche Kurzprogramme durchaus hilfreich sein könnten, um den gerade stattfindenden Umbruch zu gestalten. Dieser Wandel sei umso notwendiger, da die Konkurrenz durch globale Weiterbildungsträger, die insbesondere im digitalen Sektor sehr erfolgreich sind, weiter zunehme (z.B. durch Google, Udemy, Coursera, LinkedIn).

In der anschließenden Podiumsdiskussion zu „Micro-degrees – ist das noch Bildung oder kann das weg?“ diskutierten Jan Ihwe (Vorsitzender der DGWF), Jan Krüger (Abteilungsleiter Bildungspolitik und Bildungsarbeit DGB), Prof. Dr. Ulrike Tippe (HRK-Vizepräsidentin für Digitalisierung und wissenschaftliche Weiterbildung) sowie Prof. Dr. Matthias Tomenendal (Direktor Berlin Professional School, HWR) über Sinn und Unsinn von Microdegrees in der wissenschaftlichen Weiterbildung.

Einig waren sich die Vertreter auf der Bühne vor allem darin, dass die Angebote wissenschaftlicher Zertifikate noch nicht gebührend Aufmerksamkeit erhalten und bisher nur wenige Studieninteressierte anzusprechen scheinen. Zum einen liege das daran, dass die ehemaligen Studierenden die Hochschule nicht als Ort für kurze Weiterbildungsangebote betrachten, sondern für kleinere Grundlagenkurse lieber schnell auf die bekannten Weiterbildungsplattformen ausweichen. Zum anderen sei das Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten sehr unübersichtlich und die passenden Kurzprogramme und Zertifikate müssten besser auf die Bedürfnisse der Suchenden angepasst werden – auch im wissenschaftlichen Bereich.

Nach dem anregenden Auftakt begannen die Präsentationen und Diskussionen in thematischen Panels zu Überthemen wie Governance und rechtliche Rahmenbedingungen oder Wettbewerb, Geschäftsmodelle und Marketing. Hier setzten sich die Vortragenden mit den übrigen Teilnehmer*innen zu den verschiedenen Herausforderungen auseinander, die an Hochschulen gestellt werden, wenn die wissenschaftliche Weiterbildung in den nächsten Jahren grundlegend neu gedacht und strukturiert werden sollte.

Nach der Mittagspause vertieften sich die die Anwesenden dann in den praktischen Teil der Konferenz: in mehreren Workshops am Nachmittag wurden etwa das neue Portal für wissenschaftliche Weiterbildung „hoch & weit“ vorgestellt und anwendungsorientiert vorgestellt. Ein weiterer Workshop befasste sich mit der Herausforderung von der Verankerung der wissenschaftlichen Verankerung in den Rahmenordnungen der Hochschulen während eine weitere Gruppe gemeinsam die Herausforderungen einer Anbieter- und Angebotsstatistik der wissenschaftlichen Weiterbildung in einem Werkstattgespräch diskutierte. Auch die Bedeutung des Persona-Konzepts aus dem Interaktionsdesign wurde in seiner Bedeutung für die passgerechte Erarbeitung von wissenschaftlichen Weiterbildungsangeboten diskutiert und an Beispielen getestet.

DGWF-Tagung Präsident

Prof. Dr. Andreas Zaby, Präsident der HWR Berlin

DGWF-Tagung Podium

Podiumsdiskussion

Während dieser Tagung wurde zum ersten Mal der Dissertationspreis der DGWF vergeben, den Prof. Dr. Mandy Schulze (Hochschule Zittau-Görlitz) an Dr. Jan Schiller für seine Dissertation mit dem Titel: „Bildung für eine ungewisse Zukunft. Temporale Agenden im Kontext der Hochschulweiterbildung“ überreichte. Im Anschluss daran konnte auch die Mitgliederversammlung der DGWF nach zwei Corona-Jahren wieder in Präsenz stattfinden.

Am Abend wartete auf die Teilnehmer*innen als Abschluss für den arbeitsintensiven Tag ein Konferenz-Dinner im Restaurant Patagona mitten im Tierpark – umgeben von Clownfischen und Korallen ließen sich die Anwesenden ein warmes und kaltes Buffet schmecken und wurden dabei musikalisch von einer Live-Band begleitet.

Auch der dritte Tag der Konferenz wollte inhaltliche wie methodische Anregungen liefern. Zunächst stellte Prof. Dr. Eva Cendon von der Fernuniversität Hagen in ihrer Keynote „Neue Verhältnisse? Micro-Credentials im Kontext von Hochschulweiterbildung“ einige neue Forschungsansätze in dem Bereich vor und regte zu einer besseren Integration von wissenschaftlichen Kurzprogrammen in das Angebot der Hochschulen an.

In den abschließenden inhaltlichen Panels wurden neue Ansätze in der Hochschulpolitik, einige Best-Practice-Beispiele von den teilnehmenden Institutionen sowie vielversprechende Ansätze für innovative Marketingstrategien und die Erschließung neuer Zielgruppen vorgestellt.

Zum Abschluss der Tagung wurden Mitglieder des DGWF-Vorstands verabschiedet, neue Mitglieder begrüßt, Vorstandsmitglied Jan Ihwe bedankte sich außerdem bei Sylvia Stamm und dem Team der Berlin Professional School sowie bei den Mitarbeiter*innen der IT für den reibungslosen Ablauf der Tagung, die mit inhaltlichen Akzenten sowie einem ansprechenden Begleitprogramm einiges zu bieten hatte.

Dem folgte nun die Übergabe des Staffelstabs für die nächste Jahrestagung der DGWF 2023 an Dr. Beate Hörr, Leiterin des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter Sebastian Ruf stellte sie die Hochschule vor und lud die Anwesenden für das nächste Jahr nach Mainz ein, um gemeinsam zu dem Thema „Weiterbildung 2030: Gesellschaftliche Trends und Auswirkungen auf die Weiterbildung“ spannende Forschungsberichte und Workshops zu erleben.

Die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Weiterbildung und Forschung zeigte, dass ein Aufbruch notwendig ist, um die wissenschaftliche Weiterbildung über klassische Studiengänge zu erweitern: Lernen in Kurzprogrammen, online und im Blended-Learning Design unter wissenschaftlichen Aspekten und an den Hochschulen curricular verankert, wird für die wissenschaftlichen Weiterbildungsinstitutionen eine bedeutende Aufgabe der Zukunft.

 

Dr. Janine Rischke-Neß, Bericht zur DGWF-Tagung: „Jenseits von Bachelor und Master“ – Innovation und Vielfalt in der wissenschaftlichen Weiterbildung, HWR Berlin, 14.09. – 16.09.2022

 

DGWF-Tagung Abendprogramm

Abendprogramm

DGWF-Tagung BPS Team

Das Team der BPS

DGWF-Tagung Dr. Beate Hörr

Dr. Beate Hörr, ZWW

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