Methodenkompetenzen und fachübergreifendes Denken durch problemorientiertes Lernen fördern

12 Mrz, 2015

Prof. Dr. Birgit Weyer und Dr. Alexander Tirpitz haben im Sommersemester 2014, gefördert durch die Qualitätsoffensive Lehre, im Studiengang Business Administrations die projektorientierte Lehre eingeführt, um Methodenkompetenzen und fachübergreifendes Denken zu fördern. Wie sind Sie auf Ihre Idee gekommen und welche Probleme wollten Sie lösen? Bisher fanden die beiden Lehrveranstaltungen „International Human Resource Management“ und […]

Prof. Dr. Birgit Weyer und Dr. Alexander Tirpitz haben im Sommersemester 2014, gefördert durch die Qualitätsoffensive Lehre, im Studiengang Business Administrations die projektorientierte Lehre eingeführt, um Methodenkompetenzen und fachübergreifendes Denken zu fördern.

Wie sind Sie auf Ihre Idee gekommen und welche Probleme wollten Sie lösen?

Bisher fanden die beiden Lehrveranstaltungen „International Human Resource Management“ und „Foreign Entry Strategies“, die integrale Bestandteile des Dualen Bachelor Studienganges International Business Administration im 5. Semester sind, unabhängig voneinander statt, obgleich es inhaltlich eine Reihe von Überschneidungen bzw. Berührungspunkten gibt. Denn im Falle einer Unternehmensgründung bzw. Eintritt in einen internationalen Markt gilt es grundsätzliche Entscheidungen zum Management des Human Kapitals zu treffen.

Dieser Ansatz besitzt eine hohe Praxisrelevanz, da derzeit auch in der Literatur eine mangelnde Integration von Human Ressource im Rahmen von Foreign Market Entries existiert (vgl. z. B. Tirpitz & Schleus (Hrsg.), Yearbook of Market Entry Advisory 2014).

Im Rahmen des geförderten Projektes sollten die beiden Lehrveranstaltungen mittels Problemorientiertem Lernen (POL) und Teamteaching miteinander verwoben werden.

Was ist das Neue an Ihrem Ansatz?

POL ist eine auf die Studierenden zentrierte Lehr- und Lernmethode. Mit ihr wird bereits vorhandenes Wissen aktiviert und zielgerichtet neues Wissen generiert. Hierbei steht vor allem die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (1997) im Vordergrund. Es wird davon ausgegangen, dass die Definition eigener Lernziele positiv auf die Motivation der Studierenden wirkt.

Anhand von Fällen (150 Wörter oder weniger) wurden von den Studierenden Lernziele vor dem Hintergrund des vorhandenen Wissens der Studierenden formuliert. Lehrstoff wurde im Rahmen des seminaristischen Unterrichts und im Teamteaching vermittelt. Weiterhin wurden Texte und Informationen in der Datenbank der Lehrplattform Moodle zur Verfügung gestellt. Die Studierenden glichen das gewonnene Wissen ab und beschäftigen sich so eingehend mit den Lerninhalten.

POL Ablauf

Ablauf von POL

Was waren Ihre Ziele und Erwartungen?

Unser Projekt erprobt die Anwendung von POL in thematisch verknüpften und englisch-sprachigen Lehrveranstaltungen und erweitert damit den Stand des Wissens auf die Anwendung in der Hochschule. Damit wird eine erste Annäherung auf eine mögliche Umstellung der Lehr-Lernform eines gesamten Studienganges erreicht.

Die Lernziele bauten auf der bestehenden Modulbeschreibung auf, und hatten die Absicht Methodenkompetenzen und fachübergreifendes Denken zu fördern. Durch die Aktivierung der Studierenden, die Anwendung von Schlüsselkompetenzen, die Notwendigkeit des funktions- und disziplinübergreifenden Denkens, sollte forschendes Lernen unterstützt werden.

Durch die zu lösenden Fälle wollten wir eine hohe Praxisorientierung erreichen und das Interesse und die Neugier der Studierenden wecken. Weiters wollten wir die Verknüpfung von Unternehmensstrategie und Human Resource Strategie veranschaulichen. Die Studierenden sollten Gelegenheit erhalten auf die Vorkenntnisse aus den vorangegangenen 4 Semestern aufzubauen, Teamarbeit, Moderation und Präsentation als wichtige Kompetenzen erkennen und zum Einsatz bringen.

Wie war die Resonanz der Studierenden?

Die Studierenden waren dem Konzept gegenüber grundsätzlich offen. Sie zeigten sich jedoch irritiert durch die logistischen Herausforderungen. Die Lehrveranstaltungen sollten beim nächsten Durchlauf noch akribischer vorbereitet werden. Einige Studierenden zeigten Reaktanz, da sie sich durch die Verknüpfung der beiden Lehrveranstaltungen gezwungen sahen, sich trotz Nichtbelegung des Moduls International HRM auch mit Personalthemen auseinanderzusetzen. Hier sollte darauf geachtet werden, dass alle Studierenden für beide Lehrveranstaltungen immatrikuliert sind.

Die Präsentationen der einzelnen Gruppe wiesen z.T. große Redundanzen auf. Der Mehrwert der gegenseitigen Präsentation war deshalb geringer als erwartet. Die Studierenden waren sehr klausurorientiert und wenig bereit für entwicklungsorientiertes Arbeiten und Lernen.

Teamarbeit wurde z.T. als eher störend erlebt. Sie erkannten die gemeinsame Arbeit nicht als Chance des Learning by Teaching. Einige Studierenden zeigten im Rahmen der freien Gruppenarbeiten zur Vorbereitung der Präsentationen ein „Trittbrettfahrer-Verhalten“.

Worin besteht der Mehrwert des Projekts?

Der Ansatz

  • fördert die integrative Perspektive der Studierenden auf die Thematik HR und (internationale) Unternehmensstrategien.
  • unterstützt die Bildung von Kompetenzen im personalen, aktions- und handlungs-, sozial-kommunikativen und fachlich-methodischen Bereich
  • unterstützt die praktische Handlungsorientierung.
  • ermöglicht praktische Beispiele zur Ergänzung theoretischer Fundierung
  • erleichtert den Studierenden das Lernen für die Klausuren

 Was sind Ihre Lessons-Learned?

  • Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg. Der Vorlesungsplan muss früh genug abgestimmt werden, um die Logistik von Anfang an auf das Projekt abzustimmen. Beim nächsten Durchlauf würden wir versuchen, auch den Kollegen, der das Thema „Internationales Labor Law“ und „Logistics“ lehrt, mit einzubinden.
  • Eine Überprüfung der Fälle auf ihre Tauglichkeit wäre sinnvoll. Ggf. sollte ein komplexer Fall als Hintergrund konstruiert werden. Die POL Fälle könnten dann Teilaspekte beleuchten. Die in den Fällen beschriebenen Probleme sollten noch praktischer orientiert sein und mehr dazu führen, dass die Studierenden analytischer tätig werden.
  • Bei Präsentationen ist unbedingt darauf zu achten, dass sich keine Redundanzen einstellen.
  • Die Gruppen der Studierenden sollten keinesfalls den Raum verlassen. Dazu muss die entsprechende Infrastruktur im Raum zur Verfügung gestellt werden. Hilfreich wäre auch der Einsatz von Moderatoren für die studentische Gruppenarbeit.
  • Die Prüfungsordnung müsste ggf. dahingehend angepasst werden, dass zu 100% LV-begleitend geprüft werden kann und auch ein anonymes, online-gestütztes Peer-Grading, z.B. zu 20% die Endnote, möglich ist. Dies würde helfen, damit weniger Trittbrettfahrer bei der Gruppenarbeit entstehen, und der Fokus der Studierenden auf den Lernprozess im Rahmen von POL und weg von der abschließenden Klausur verschoben wird. Die Prüfungsform sollte auf multiple case exam abgeändert werden um auf POL abgestimmt zu sein.
  • Um Gruppenarbeiten zu unterstützen müssten rein äußerlich Rahmenbedingungen geschaffen werden, z.B. die Räume mit mobilem Mobiliar auszustatten, denn die klassische Bestuhlung der Unterrichtsräume fördert Gruppenarbeit nicht.
  • Insgesamt erscheint es wichtig, die herrschende Erwartung der Studierenden und die Lernkultur an der Hochschule weiterzuentwickeln. Die Studierenden müssen stärker an wechselnde Lehr- und Lernmethoden in Verbindung mit einer größeren Eigenverantwortung gewöhnt werden. Die Lehrevaluation hat diesen Bedarf belegt, da einige Studierende z. B. ein Aufbauen auf Lehrinhalte vorangegangener Semester als Redundanz und nicht als Chance zur kontextbezogenen Anwendung und zum Kompetenzausbau ansehen.

Autor/innen: Prof. Dr. Birgit Weyer und Dr. Alexander Tirpitz

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