Sind MOOCs gescheitert? Und wenn ja, was kommt danach?

6 Jul, 2016

  Der unabhängige und selbstbestimmte Student lernt online, hört der Lehrkraft abends nach dem Abendessen vor seinem PC zu und kann zwischen drei verschiedenen Kursen in Deutschland, USA und Shanghai auswählen. Diese Hochschulbildung für alle, egal ob reich oder arm, versprachen Massive Open Online Courses (MOOCs). Plattformen dafür heißen Udacity, edXoder Coursera und sollen helfen diese einfach […]
"Extension Learning Centre" © The University of Queensland

„Extension Learning Centre“ © The University of Queensland

 

Der unabhängige und selbstbestimmte Student lernt online, hört der Lehrkraft abends nach dem Abendessen vor seinem PC zu und kann zwischen drei verschiedenen Kursen in Deutschland, USA und Shanghai auswählen. Diese Hochschulbildung für alle, egal ob reich oder arm, versprachen Massive Open Online Courses (MOOCs).

Plattformen dafür heißen Udacity, edXoder Coursera und sollen helfen diese einfach und überall auf der Welt zugänglich zu machen. Der Trend startete 2012 als ein Mooc Kurs von der Harvard University veröffentlicht wurde und auf dem Modul „Einführung in die Computerwissenschaft“ basierte. Die Ziele waren damals hochgesteckt und ambitioniert. Die Kosten pro Student sollten durch die hohe Teilnehmerzahl massiv sinken und somit für jeden erschwinglich gemacht werden.

Sebastian Thrun, Mitbegründer von „Udacity“ erklärte in einem ZeitOnline Interview (2012) seine Ziele, die er mit seiner Plattform verfolgte:

Wir wollen mit dem neuen Online-Portal Udacity die Hochschulbildung demokratisieren. Kurse, in deren Genuss sonst nur Studenten an renommierten Hochschulen kommen, sollen für alle Menschen verfügbar werden, völlig unabhängig von Herkunft, Vermögen, Alter, Geschlecht.

 

Seitdem ist das Feld der Kritiker gewachsen und der Hype um das Thema MOOCs ging spürbar zurück. Eine Studie, die Ende letzten Jahres von zwei Forschern der Harvard University und Massachusetts Institute of Technology (MIT) veröffentlicht wurde, zeigt, dass MOOCs Nutzer vor allem aus dichtbesiedelten Gebieten kommen, welche deutlich über dem Durchschnittseinkommen von US-Haushalten liegen. Ebenfalls bekannt ist, dass die Abbruchquote bei solchen offenen Kursen meist über 90% liegt.

Diejenigen Teilnehmenden, die ihre Kurse erfolgreich abschließen, erzielen jedoch erhebliche Vorteile in Bezug auf ihre eigene Karriere bzw. Bildung. Das haben Forscher von den Univeristy of Pennsylvania durch eine Befragung von 52.000 Personen auf der Plattform „Coursera“ herausgefunden.

Unter diesen Befragten gaben 52 Prozent an, hauptsächlich an einer Verbesserung ihrer beruflichen Lage durch ein MOOC interessiert zu sein. In dieser Gruppe berichteten 87 Prozent von diversen beruflichen Vorteilen, sei es eine Beförderung, ein neuer Job oder lediglich verbesserte Fähigkeiten für aktuelle Arbeitsaufgaben.

Als Hauptgründe für die hohe Abbruchquote gilt die mangelnde intensive Betreuung durch eine Lehrkraft und die unterschiedlichen fachlichen und sozialen Hintergründe der Studierenden. Zusätzlich fehlt vielen die nötige Selbstdisziplin, die aufgebracht werden muss, um einen Kurs neben der Arbeit zu absolvieren.

Allein durch diese Aspekte kann es nicht den einen, universellen MOOC geben, der alle Teilnehmende zufrieden stellt. Dadurch ist es notwendig, die Zielgruppe (z.B. Berufstätige) mit einem geeigneten Modell der akademische Bildung näher zu bringen.
Selbst Sebastian Thrun hat seine Plattform mehr für die Zielgruppe der Berufstätigen ausgerichtet, wie er dem Handelsblatt kürzlich berichtet.

Als eine passende Lösung bietet sich an, die beiden Welten, Online und Präsenzlehre miteinander zu verknüpfen. Im aktuellen NMC Horizon Report von 2016 ist dazu als kurzfristiger Trend der „zunehmender Einsatz von Blended-Learning-Modellen“ beschrieben. Dieser hybride Ansatz kombiniert die klassischen Präsenzanteile mit zusammenhängenden Onlinebestandteilen. Primäres Ziel ist es hierbei, die Präsenzlehre optimal auf die Bedürfnisse der Studierenden zuzuschneiden damit diese ihren beruflichen und familiären Verpflichtungen weiterhin nachkommen können.

Vor allem in Südasien ist dieser Trend schon stark verbreitet, da die wachsende Mittelschicht eine große Nachfrage nach höheren Bildungsabschlüssen hat und die Studierenden meist weit über das Land verteilt sind. In Indien kooperieren Fachhochschulen mit der MOOC-Plattform edX um kleine private Online-Kurse anzubieten und diese dann mit der Präsenzlehre zu kombinieren.

Im Report wird auch das Extension Learning Centre der University of Queensland vorgestellt. Diese bietet neben klassischen Vorlesungsräumen auch Blended-Learning Räume für Studierende der Ingenieurwissenschaften an, in denen ein projektorientiertes Lernen praktiziert wird und unterstützt den interdisziplinären Austausch mit Lehrkräften, Studierenden und Tutoren.

An vielen Hochschulen werden durch die veränderten Unterrichtsformen besondere Areale benötigt, die den neuen Lerngewohnheiten der Studierenden entsprechen. So wurde im Eingangsbereich der Bibliothek an der Deaking University ein Bereich mit Sofas und Lernecken eingerichtet welcher 24-Stunden geöffnet ist.

Ab dem Wintersemester 2016/17 bietet auch die HWR ihren Studiengang „Business Administration“ im Blended Learning-Format an. Das heißt, die eine Hälfte der Lerninhalte werden online (über Moodle) zur Verfügung gestellt und die andere Hälfte wird im Rahmen von klassischen Präsenzveranstaltungen an der Hochschule vermittelt.

 

Hier gilt es jedoch ähnlich wie bei MOOCs klar abzugrenzen. Blended Learning ist nicht das Allheilmittel, sondern nur ein Tool in der Box aus denen sich die Bildungsanbieter bedienen können. Das beste Lernerlebnis ergibt sich wenn alle Tools optimal für den einzelnen Studierenden kombiniert werden. Dazu zählen Lehrkräfte, Lernumgebung, Betreuung, Administration, Flexibilität sowie Lernräume offline und online.

 

Falls Sie persönlich schon erste Erfahrung mit den neuen Blended-Learning-Modellen gemacht haben, berichten Sie gerne davon!

Falls nicht, sind Sie interessiert diese selbst zu besuchen/lehren?

 

Weiterführende Informationen:

NMC Horizon Report 2016 (PDF): Higher Education Edition German Translation

Schweizer Bildungsforum 2014 (Video, YouTube): Ein Referat von Prof.Dr. José Gomez, Thema:
Offene Hochschulbildung – Eine Analyse am Beispiel von MOOCs
Power Point Folien zu dem Referat

Züricher Hochschule (PDF, S. 19): Bericht Foresight in Higher Education
Weitere Analysen über Gamifaction (S.18) und Mobile Learning (S.18)

Washington Post: The big misunderstanding about MOOCs

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