VG Wort – ein Wechselbad der Hoffnung

12 Dez, 2016

„…keine Hoffnung auf Einigung…“, „Aufschub bis 1.4….“; „…Sperrung aller Kurse ab 1.1.2017 empfohlen…“, „…Ergebnis wird erwartet…“, „einvernehmlich … Lösungsvorschlag“ Täglich gibt es neue Gerüchte, Informationen und Pressemitteilungen zu den schwierigen Verhandlungen mit der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort). Die gute Nachricht: Die Verhandlungen laufen und nach dem derzeitigen Stand hat der Aufschub der ab 2017 geplanten […]

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…keine Hoffnung auf Einigung…“, „Aufschub bis 1.4….“; „…Sperrung aller Kurse ab 1.1.2017 empfohlen…“, „…Ergebnis wird erwartet…“, „einvernehmlich … Lösungsvorschlag“

Täglich gibt es neue Gerüchte, Informationen und Pressemitteilungen zu den schwierigen Verhandlungen mit der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort). Die gute Nachricht: Die Verhandlungen laufen und nach dem derzeitigen Stand hat der Aufschub der ab 2017 geplanten Einzelfallerfassung gute Chancen.

Der Hintergrund:

Bisher regelte der §52a des Urhebergesetzes die Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken zur Veranschaulichung im Unterricht an Hochschulen. Demnach durften „kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften […] für einen bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen…“ zugänglich gemacht werden. Dafür war „…eine angemessene Vergütung zu zahlen“, die über eine Pauschale abgerechnet wurde. Die Aufhebung dieser Norm und eine seitengenaue Abrechnung der Ansprüche standen immer wieder zur Debatte – die Hochschulen argumentierten dagegen mit dem unverhältnismäßigen Mehraufwand. Doch nach einem  BGH-Urteil ist der „… Aufwand bei der Erfassung der vom Gesamtvertrag umfassten Nutzungen“ gerechtfertigt, „...um eine größere Genauigkeit bei der Berechnung der Vergütung zu ermöglichen„.

Im Rahmenvertrag zwischen der Kultusministerkonferenz (KMK) und VG Wort wurde die Vergütung also neu geregelt und sah eine Einzelfallabrechnung ab dem 1.1.2017 vor. Alle Hochschulen sollten dieser Vereinbarung beitreten.

Die Probleme:

Jede Seite aus jedem Skript in Verbindung mit den Nutzerzahlen eines aktuellen Kurses einzeln zu melden und abzurechnen, stellt die Hochschulen vor eine große Herausforderung. Im Wintersemester 2014/2015 lief an der Universität Osnabrück ein Pilotprojekt um Kosten, Aufwand und Workflows der Einzelerfassung aller relevanten Texte in digitalen Semesterapparaten zu untersuchen.

Die Auswertung zeigte, dass die Meldungen „…nur bei einem Viertel des Erwartungswertes lagen„. Die Literaturbeschaffung wurde dafür zunehmend den Studierenden überlassen. Außerdem gab es Schwierigkeiten, meldepflichtige Dokumente korrekt zu erkennen (bspw. wenn die Lehrende Mitautoren der Texte waren) und die ermittelten Aufwandskosten überstiegen die abzurechnenden Vergütungen um das Mehrfache. Der Unmut bei Studierenden und Lehrkräften war deutlich zu spüren, in den Zitaten überwiegen die negativen Stimmen :

Wenn man von Wissenschaftlern verlangt, dass Sie sich wie Buchhalter verhalten, dann wird man über kurz oder lang auch Buchhalter bekommen und keine Wissenschaftler mehr.“

Es läuft insgesamt doch darauf hinaus, nur noch mit eigenen Materialien zu arbeiten. …Die Studierenden erhalten nicht mehr die Bandbreite unterschiedlichen Wissens. Sehr schade!!
(Quelle: a.a.O. s.65 ff)
Unabhängig von dieser Untersuchung, deren Ergebnis m.E. einmal mehr die Sinnhaftigkeit hinterfragt, ermittelten hochschulübergreifende Arbeitsgruppen nötige Umsetzungsschritte  und deren technische, organisatorische und rechtliche Hürden. Die damit verbundene Machbarkeitsanalyse beläuft sich für die geplante Umsetzung auf einen Zeithorizont von bis zu 18 Monaten .
Der Sachstand:
Die Landesrektorenkonferenzen der meisten Bundesländer haben im Namen der von Ihnen vertretenen Hochschulen erklärt, dem Vertrag nicht beizutreten.
Nach der derzeitigen Rechtslage bedeutet das, dass ab 1.1.2017 keine Lehrwerke mehr unter der Maßgabe des §52a UrhG in Lernplattformen („digitale Semesterapparate„) eingestellt werden dürfen. Die Veröffentlichung in den „physischen Semesterapparaten“ (das wären dann wieder die alten Leitzordner) können über die Kopierpauschale abgerechnet werden. Texte, die mit einer Creative-Commons-Lizenz gekennzeichnet sind (Vorsicht: auch hier gibt es ein neues Urteil) oder Texte, bei denen Einzellizenzen beim Verlag erworben wurden, können hochgeladen werden.
Günstig ist diese Regelung weder für die VG Wort noch für die Hochschulen – bis vor wenigen Tagen sah es trotzdem so aus, als führe jeder Weg zu dieser Vorgehensweise. Vor drei Tagen dann sorgte eine Pressemitteilung für ein Aufatmen.HRK, KMK und VG Wort entwickeln gemeinsame Lösung zu digitalen Semesterapparaten hieß es am 9. Dezember 2016. Demnach will die „…Arbeitsgruppe .. rechtzeitig vor dem Jahresende 2016 einvernehmlich einen Lösungsvorschlag vorlegen. Die Partner wollen eine bruchlose weitere Nutzung der digitalen Semesterapparate an den deutschen Hochschulen über die Jahreswende hinaus gewährleisten.
Sie wollen ferner bis zum 30. September 2017 unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung vom 20. März 2013 eine praktikable Lösung an den deutschen Hochschulen implementieren.

Wir folgen die Verhandlungen mit Spannung, drücken die Daumen und werden unsere Lehrenden über neue Entwicklungen umgehend informieren.
Besuchen Sie für weiterführende Informationen auch unseren Moodle Infokurs zum Urheberrecht.
Susanne Mey, Katja Drasdo
E-Learning Team der HWR Berlin

 

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