Wie aktualisiert man einen MOOC?

28 Nov, 2018

In den letzten Jahren habe ich zwei MOOCs (“Massive Open Online Course”) erstellt, in denen sich mittlerweile hunderte von Studierenden tummeln. Das ist nicht so “massive” wie bei vielen professionellen Anbietern, aber vom Prinzip her skalieren diese Kurse auch, d.h. die Zahl der Kursteilnehmer ist nach oben hin nicht beschränkt. Typischerweise steht bei MOOCs die […]

Kopf eines HWR-MOOCs zum Thema Betriebliche Informationssysteme.

In den letzten Jahren habe ich zwei MOOCs (“Massive Open Online Course”) erstellt, in denen sich mittlerweile hunderte von Studierenden tummeln. Das ist nicht so “massive” wie bei vielen professionellen Anbietern, aber vom Prinzip her skalieren diese Kurse auch, d.h. die Zahl der Kursteilnehmer ist nach oben hin nicht beschränkt.

Typischerweise steht bei MOOCs die Vermittlung von Inhalten im Vordergrund.

Es gibt auch ganz andere MOOCs, sogenannte cMOOCs, bei denen “connections”, also Beziehungen der Teilnehmer im Vordergrund stehen. Aber populäre MOOC-hosting Plattformen wie Coursera, edX, FuturLearn, Udacity usw. werden von sog. xMOOCs (primär für “instruction”) dominiert. Man geht als Lernender dorthin, um Wissen “mitzunehmen”, und nicht, um sich zu treffen und auszutauschen.

Weil das so ist, haben MOOCs, genau wie Lehrbücher, ein Aktualisierungsproblem. Das Problem ist aber noch schwerwiegender als bei Lehrbüchern, weil MOOCs meist von großen Teams produziert werden: 10-15 Designer (Dozenten und Dozentinnen) ist keine Seltenheit. Weil die Produktion selbst aufwändiger ist als das Schreiben von Texten mit Bildern: die meisten MOOCs basieren auf Videos, Quizzes, Peer-Review Übungen. Und weil die Inhalte alle gut aufeinander abgestimmt werden müssen. Ein MOOC ist eben kein Buch, sondern soll einer echten Lehrveranstaltung entsprechen. Und in einer Lehrveranstaltung aktualisiere ich sowohl Inhalt als auch Form als Dozent und “Performer” unaufhörlich und kontinuierlich.

Das Problem ist damit umrissen.

Glücklicherweise habe ich einen guten Lösungsansatz gefunden: Slack.

Das ist eine sog. “Instant Messenger App” wie WhatsApp oder Instagram, die aber auf professionelle Anwendungen hin optimiert ist und die in vielen Firmen E-mail den Rang als Top-Kommunikationsmedium abläuft.

Wie ich Slack genau verwende, habe ich in zwei ausführlichen Artikeln (siehe unten) erläutert. Ich nutze Slack in allen meinen Kursen, nicht nur in den MOOCs, aber hier hat die App, denke ich, den größten Effekt. Was tue ich genau, um meine MOOCs zu aktualisieren?

Im Grunde ist es ganz einfach: ich teile Ressourcen, die mir vor die Nase kommen – natürlich erst, nachdem ich sie begutachtet habe, so dass ich sie kommentieren kann. Die meisten dieser Resourcen sind Artikel zu Themen des Kurses.

Ein aktuelles Beispiel: ich teilte einen Artikel aus dem New Yorker Magazin, der übertitelt war “Warum Ärzte Computer hassen”. In dem betreffenden MBA-Kursus gab es mehrere Ärzte – eine meldete sich mit einer ausführlichen Darstellung, wie es Ärzten mit Digitalisierung wirklich geht (kurz gefasst: Ärzte hassen Computer nicht, sondern im Gegenteil; allerdings sind einige Systeme für sie frustrierend).

Bild vom Slack Space mit Kanälen (links) und längerer Nachricht von mir (rechts).

Slack ist nach sogenannten Kanälen organisiert. Jedes Slack-Team (bspw. ein Kurs) ist ein Workspace, in dem man beliebig viele öffentliche oder private Kanäle einrichten kann. Die Kanäle sind in meinen Slack Spaces Themen zugeordnet. So kann ich Ressourcen zu den Themen Künstliche Intelligenz, Digitalität usw. am richtigen Ort posten. Das alles ist nicht weltbewegend, aber deutlich besser als E-mail oder Forennachrichten. Die Bandbreite an Ressourcen reicht von Videos über Artikel und Gifs, um Laune zu verbreiten oder einen Akzent zu setzen, bis hin zu Nachrichten zum Kurs selbst.

Interessant ist auch, zu beobachten, wie stark die Kursteilnehmer Slack benutzen.

Beispiel: im Slack Space eines neuen MOOC, einem Online Vorkurs für IT mit 40 Teilnehmern, hatte ich im ersten Monat ca. 50 Nachrichten gepostet, also etwas mehr als eine Meldung pro Tag. Im gleichen Zeitraum wurden aber insgesamt 500 Nachrichten ausgetauscht, die meisten davon als direkte Nachrichten. Für den Online-Kurs ist der Slack Space also der eigentliche Raum, in dem die Teilnehmer einander begegnen.

Das grundlegene Problem der Aktualisierung des MOOC, des konservierten Online-Kurses, ist durch den Einsatz von Slack nicht vollständig gelöst, weil die Verbindung zum Slack Space optional ist. Nur ca 50% der MOOC-Teilnehmer nehmen auch an Slack teil. Natürlich muss der MOOC selbst irgendwann selbst aktualisiert werden. Aber zumindest habe ich damit eine Möglichkeit, die Kursinhalte dynamisch zu erweitern und zu erneuern, und das auch noch in direktem Kontakt mit den Kursteilnehmern.

Slack ist nur die Spitze des Eisbergs. Man könnte den Einsatz multipler Tools wie in diesem Beispiel als neues „Geschäftsmodell“ für die Lehre ansehen, als „Bündelung“, wie wir es aus der digitalen Wirtschaft kennen. Weitere Anteile eines möglichen „Bildungs-Bündels“ wären der Abschluss oder Zertifikate, Karriereinformationen, Coaching, Netzwerke usw. – alles Dinge, die gegenwärtig als relevant für umfassende Bildung gesehen werden, die man sich aber zur Zeit noch mühsam einzeln zusammensuchen muss.

Referenzen.

Mehr Details zum Einsatz und zur Didaktik des Einsatzes von Instant Messenger Apps wie Slack finden Sie in den folgenden Artikeln:

Prof. Dr. Marcus Birkenkrahe,
HWR Berlin, FB1

[A translation of this article into English is available here on the author’s blog.]

0 Kommentare