Warum nutzen wir unsere technischen Möglichkeiten nicht?

14 Okt, 2013

Wir alle genießen den technischen Fortschritt, insbesondere die immer schnelleren Internetverbindungen, günstigere Daten-Tarife, smarte Geräte und tolle Apps. Wir sind fast alle, fast immer online. Trotzdem findet sich online kaum Bildungsmaterial aus unseren Vorlesungen frei für alle verfügbar. Es gibt generell fast keine Video-Streams, und selbst die einfachen Powerpoint-Folien sind nur intern über moodle erreichbar…. […]

Wir alle genießen den technischen Fortschritt, insbesondere die immer schnelleren Internetverbindungen, günstigere Daten-Tarife, smarte Geräte und tolle Apps. Wir sind fast alle, fast immer online. Trotzdem findet sich online kaum Bildungsmaterial aus unseren Vorlesungen frei für alle verfügbar. Es gibt generell fast keine Video-Streams, und selbst die einfachen Powerpoint-Folien sind nur intern über moodle erreichbar…. Warum schöpft die Gesellschaft die Chancen und Möglichkeiten der technischen Entwicklung hier nicht voll aus? Gibt es etwas, das uns hemmt? Gibt es vielleicht Aspekte, die uns, die Studenten, die Professoren, die Verwaltung, verunsichern?

Ich möchte hier die rechtlichen Aspekte ansprechen. Das Thema „Urheberrecht“ beispielsweise ist sicher für keinen von uns neu. Man denkt, dass man schon das Wichtigste darüber weiß. Und die eine oder andere interessante Geschichte über unglücklich Bestrafte und Abgemahnte hat man auch schon irgendwo mitbekommen und mit Humor weiter erzählt, so nebenbei als eine lustige Geschichte über jemanden, irgendwo….

Aber wer hat eigentlich schonmal darüber nachgedacht, dass solche Rechtsprobleme wirklich existieren, nicht irgendwo weit weg, bei irgendwelchen Fremden, Unbekannten? Sondern hier in der Uni, dass es also auch Teil unseres alltäglichen Lebens ist?

Ich wusste natürlich schon, dass man keine Filme, Musik oder Bücher hochladen soll. Und natürlich, dass man auch immer die Quellen diverser Zitate angeben muss.
Und ohne mir weiter Gedanken zu diesem Thema gemacht zu haben, habe ich mich einfach über mein neues Smartphone gefreut. Es hat so viele Funktionen, die das Studentenleben sicher erleichtern können. Jetzt würde ich zum Beispiel endlich wichtige Vorlesungen einfach aufnehmen, um sie nacharbeiten zu können….
So dachte ich mir jedenfalls, bis ich neulich in einer Zeitung einen Artikel über die Rechte am eigenen Bild und eigenen Wort gelesen habe. Demnach sei es verboten, eine Vorlesung in Bild oder Ton aufzuzeichnen, ohne ausdrückliche Einwilligung des Professors. Denn, so die Argumentation, wenn der Professor nicht weiß, dass seine Veranstaltung mitgeschnitten wird, gibt er sich vielleicht weniger Mühe, eine optimale Vorlesung zu halten, und es wäre ihm dann später unangenehm, wenn das auf youtube erscheint. Sogar ohne es zu veröffentlichen oder mit anderen Studenten zu teilen, sondern nur für den eigenen privaten Gebrauch ist es problematisch, da man das Recht am eigenen Wort und Bild verletzen würde.
Hinzu kommt, dass Professoren bei ihren Präsentationen wohl regelmäßig auf fremdes Material zugreifen, so verbietet sich jedes Abfotografieren einer Powerpoint-Folie, da man hier gleich doppelt Gefahr läuft, Rechte zu verletzen.

Es bleibt trotz aller technischer Möglichkeiten letztlich zum ernsthaften Lernen meist nur die händische Mitschrift bzw. die Kommentierung der heruntergeladenen Folien direkt in der Vorlesung – wenn sie denn schon rechtzeitig zur Verfügung stehen. Natürlich kommt es auch oft vor, dass eine Vorlesung mal zu schnell oder zu langsam für den jeweiligen Studenten verläuft. Wie praktisch wäre es, mal kurz auf „Pause“ oder „Replay“ zu drücken. Aber diese Möglichkeit gibt es leider (noch) nicht.

Denn der technische Fortschritt kommt oft nur im Rahmen einer Spielerei, vielleicht auch einer Zurschaustellung der Fortschrittlichkeit anhand ausgewählter Vorzeigeprojekte zum Einsatz. Im Alltag hingegen spielen viele der an sich vorhandenen Möglichkeiten leider keine große Rolle.

Ich wünsche mir, dass dies nur eine Phase in der Geschichte des E-Learning sein wird, und für Bildungszwecke aller Art eine Rechtssicherheit geschaffen wird, und für Lehrmaterial und Vorlesungen die rechtlichen Rahmenbedingungen entschärft werden.

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