Chancengleiche Online-Lehre für alle – Empfehlungen und Tipps für Lehrende

16 Apr, 2020

Das Online-Semester verlangt uns als HWR Berlin einiges ab: Kurse in letzter Minute online gestalten, Leistungen auf Distanz beurteilen, Sprechstunden und Beratung per Telefon und E-Mail, virtuelle Prüfungen. Auch für unsere Studierenden bedeutet das, sich auf neue Formate und Herausforderungen einzustellen.
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Gastbeitrag vom Team der Beauftragten für Studierende mit Behinderungen und chron. Erkrankungen in Zusammenarbeit mit Familienbüro und der psychologischen Beratung

Das Online-Semester verlangt uns als HWR Berlin einiges ab: Kurse in letzter Minute online gestalten, Leistungen auf Distanz beurteilen, Sprechstunden und Beratung per Telefon und E-Mail, virtuelle Prüfungen. Auch für unsere Studierenden bedeutet das, sich auf neue Formate und Herausforderungen einzustellen. Für einen Teil von Ihnen kann die derzeitige Situation aber noch herausfordernder sein, zum Beispiel für:

  • Studierende mit Behinderungen, chronisch körperlich und psychisch kranke Studierende
  • Studierende mit Kindern und solche, die Angehörige pflegen
  • Studierende in prekären sozialen Lagen
  • Internationale Studierenden

Damit alle HWR-Studierenden Ihren Lehrveranstaltungen folgen können, haben wir ein paar Anmerkungen und Tipps für Sie zusammengestellt. Wir freuen uns, wenn Sie diese jetzt oder in der Zukunft umsetzen.

Empfehlungen zur chancengleichen Online-Lehre:

  1. Stellen Sie, soweit möglich, zusätzlich zu aufgezeichneten Lehrveranstaltungen auch eine schriftliche Ausarbeitung wie Skripte, Vorlesungsnotizen, schriftlich entwickeltes „Tafelbild“, zur Verfügung.

Viele Studierende sind darauf angewiesen, da sie nicht gleichzeitig zuhören und mitschreiben können oder Störfaktoren ausgesetzt sind. Das sind Studierende mit Seh- oder Hörbehinderungen, mit motorischen Behinderungen (Stichwort Mitschreiben), Studierende die durch Medikamenteneinnahme, Beeinträchtigungen wie ADHS, Dyslexie, Autismus-Spektrums-Störungen, lang- oder kurzfristige psychische Beeinträchtigungen mehr Zeit und Konzentration benötigen. Aber auch Studieren mit nicht-deutscher Muttersprache und Studierende mit Kindern im „Home-Office“.

Praxistipp: Keine Zeit für die Ausarbeitung von Skripten? Vergeben Sie die Aufgabe, ein Vorlesungsskript zu erstellen an eine oder einen Studierenden aus Ihrer Lehrveranstaltung.

  1. Bei Lehrveranstaltungen im Live-Format, als Konferenz-Schaltung oder in anderen Präsenzformaten: Bieten Sie alternative Möglichkeiten der Teilnahme (z.B. Aufzeichnung dieser Sitzungen) und Leistungserbringung an. Für Studierende mit Kind/ern oder anderen Betreuungsaufgaben, behinderte und kranke Studierende oder solche, die technisch nur schlecht ausgestattet sind, ist es nicht immer möglich, zu bestimmten Zeitpunkten mit der nötigen Aufmerksamkeit teilzunehmen.

Der HWR Berlin Pandemieplan (hier abrufbar) legt fest, dass die Pflicht zur Anwesenheit im herkömmlichen Sinne bei Online-Formaten kein Teil der Leistungsanforderung sein kann. Angemessene alternative Anforderungen an die Teilnahme im Online-Kurs können aber gestellt werden – wie wäre es mit einer Zusammenfassung für die nächste Einheit oder Visualisierung der wichtigsten Aspekte?

  1. Formulieren Sie Anforderungen so genau wie möglich zu Beginn der Lehrveranstaltung. Hinterlegen Sie diese, wenn möglich, online.
  2. Bieten Sie Rückfragemöglichkeiten zu Ihren Lehrveranstaltungen und Prüfungen an. Kommunizieren Sie, wie Sie außerhalb von Live-Formaten erreichbar sind – per Mail oder Telefon? Zu bestimmten Sprechzeiten?
  1. Lassen Sie Ihre Online-Angebote (aufgezeichnete Veranstaltungen, Skripte, Notizen, Aufgaben) möglichst bis zur Prüfung und Nachprüfung online – das gibt den Studierenden genügend Zeit für die Bearbeitung, erspart Stress und Rückfragen.

Hier noch einige Tipps, um Dokumente und Präsentationen möglichst barrierefrei zu gestalten. Uns ist bewusst, dass eine Umsetzung derzeit nicht zu 100% möglich ist. Wichtig für Personen mit Sehbeeinträchtigungen und kleinen Bildschirmen, gut lesbar für alle, und einfach umzusetzen sind:

  1. Kontrastreiche Dokumente, z.B. weißer Hintergrund und schwarze Schrift, schwarzer Hintergrund und weiße oder gelbe Schrift etc. Auf Kombinationen aus Rot-Grün, Rot-Orange, Blau-Grün sollten Sie möglichst verzichten
  2. Nutzen von serifenloser, klarer Schrift (geeignet sind z.B. Arial, Verdana, Calibri), mindestens Schriftgröße 12 und ausreichend Zeilenabstand
  3. Verwenden von Dokumentvorlagen bei Word-Dokumenten und Kennzeichnung von Kapitelüberschriften, so dass diese mit Sprachausgaben und anderen Vorlese-Programmen, die Personen mit Sehbeeinträchtigungen nutzen, lesbar sind.
  4. Bei PDF und PowerPoint gilt ebenfalls: Verwenden von Vorlagen (Master-Folien etc.), beachten der Reihenfolge von Inhalten bei der Strukturierung von Dokumenten. Diese können sonst eventuell nicht von Sprachausgaben oder Vorlese-Programmen verarbeitet werden.
  5. Grafiken oder Bilder, die wichtig für das Verständnis sind, sollten mit Alternativtext  beschriftet oder kurz (mündlich, in den Notizen) erklärt werden. Eine Aufgabe für die Kursteilnehmer*innen?

Praxistipp: die Programme Microsoft Word und PowerPoint (über Suchfunktion) sowie Adobe Acrobat Reader (Vollversion unter Werkzeuge) verfügen inzwischen über eine integrierte Funktion zur Prüfung der Barrierefreiheit!

Zum Weiterlesen: Die Universität Stuttgart hat sehr praktische Anleitungen, Tipps und Tools zur digitalen Barrierefreiheit zusammengestellt.

Als Team der Beauftragten für Studierende mit Behinderungen stehen wir Ihnen gerne für Rückfragen, bei Unterstützungsbedarf oder für Anregungen per E-Mail (inklusion@hwr-berlin.de) und Telefon zur Verfügung.

Wir bedanken uns herzlich für Ihre Unterstützung!

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