Das Lerner-Selbst stärken durch Aktives Plenum und Flipped Classroom

30 Nov, 2012

Bericht zur E-Learning-Tagung 2012 an der HWR Berlin von Christian Spannagel Gemeinsam mit Prof. Marcus Birkenkrahe wurde die E-Learning-Tagung 2012 an der HWR Berlin unter dem Leitspruch „Das Lerner-Selbst stärken“ eröffnet. Neben einem Vortrag von Prof. Birkenkrahe über die Selbst-Wahrnehmung in virtuellen Welten habe ich dabei Aspekte zur Gestaltung von Präsenzphasen in Blended-Learning-Szenarien und zur […]
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1863-Aktive Corps Austria

Bericht zur E-Learning-Tagung 2012 an der HWR Berlin

von Christian Spannagel

Gemeinsam mit Prof. Marcus Birkenkrahe wurde die E-Learning-Tagung 2012 an der HWR Berlin unter dem Leitspruch „Das Lerner-Selbst stärken“ eröffnet. Neben einem Vortrag von Prof. Birkenkrahe über die Selbst-Wahrnehmung in virtuellen Welten habe ich dabei Aspekte zur Gestaltung von Präsenzphasen in Blended-Learning-Szenarien und zur Stärkung der Selbstverantwortung von Lernenden im Lehrkonzept „Flipped Classroom“ beigesteuert. Auf beide Aspekte gehe ich im Folgenden kurz ein.

1. Gestaltung von Präsenzphasen – Aktives Plenum

In traditionellen Vorlesungen hören die Lernenden dem Vortrag der Lehrperson zu. In dieser klassischen Situation steht die Wissensvermittlung im Vordergrund, nicht die Stärkung des Lerner-Selbsts. Die Förderung von Selbst-Bewusstsein und Selbst-Verantwortung sind in dieser Lehr-Situation in der Regel keine Ziele, die aktiv verfolgt werden. Kritisches Denken in der Form, das potenziell alles, was vom Dozenten vorgetragen wird, in Frage gestellt werden kann und soll, wird hier nur selten eingefordert.

Eine alternative Großgruppenmethode, die sich für den Einsatz im Hörsaal eignet und dabei insbesondere das kritische Denken fördern soll, ist das Aktive Plenum (Spannagel, 2011). In dieser Methode, die im Kontext „Lernen durch Lehren (LdL)“ (Jean-Pol Martin) entstanden ist, ist der gesamte Hörsaal aufgefordert, gemeinsam Lösungen zu gestellten Problemen zu entwickeln. Der Dozent begibt sich dabei in die letzte Reihe, um nicht im Blickfeld der Studierenden zu sein und bei allen Äußerungen als „Bewertungsinstanz“ angerufen zu werden. Die Diskussion wird von zwei oder drei Studierenden moderiert und protokolliert, die sich vorne an der Tafel befinden. Der Dozent hat hingegen die Aufgabe, für die notwendige Atmosphäre zu sorgen, die fachlichen Äußerungen zu verfolgen, bei Bedarf einzuschreiten und die Moderatoren methodisch zu unterstützen.

Im Rahmen des Eröffnungsvortrags wurde zu Beginn ein Aktives Plenum durchgeführt. Dabei wurden die Personen im Raum zwei Gruppen zugeteilt. Die eine Gruppe musste sich Methoden überlegen, wie man das Lernen-Selbst stärken kann, die andere musste sich Strategien ausdenken, wie man das Lerner-Selbst zerstören kann. Im Aktiven Plenum wurden die Beiträge der zwei Parteien zusammengetragen und die Ergebnisse der Diskussion in einem Titanpad (http://titanpad.com/lernerselbst) gesammelt.

2. Der Flipped Classroom

Damit im Hörsaal studierendenaktivierende Methoden durchgeführt werden können und Studierende sich kompetent und informiert an Diskussionen beteiligen können, muss der Input in der Regel vorgelagert werden. Hierfür bietet sich die Methode „flipped classroom“ an (Bergmann und Sams, 2012; Handke & Sperl, 2012): Die Studierenden schauen Vorlesungsvideos in Vorbereitung auf die Präsenzveranstaltung an, um dann informiert in die gemeinsame Sitzung zu kommen. In der Präsenzphase selbst werden dann Fragen besprochen, Diskussionen geführt  oder gemeinsam Probleme gelöst (beispielsweise wie oben beschrieben). Der Sorge, dass Studierende sich nicht vorbereiten, kann begegnet werden, indem man die Veranstaltung radikal in den Kontext der Selbstverantwortung stellt (Spannagel, 2012). An der PH Heidelberg wurden mit der „umgedrehten Mathematikvorlesung“ in Verbindung mit selbstverantwortlichem Lernen sehr gute Erfahrungen gemacht (Fischer & Spannagel, 2012).

Im Rahmen eines kurzen Vortrags zur umgedrehten Mathematikvorlesung wurde das Konzept den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung vorgestellt. Anschließend wurde diskutiert, inwieweit das Konzept der Stärkung des Lerner-Selbsts dienen kann und welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt.

Mehr Infos und Materialien zum Konzept: http://tinyurl.com/umgedrehtemathevorlesung

Kontakt: spannagel@ph-heidelberg.de

 

Literatur

Bergmann, J., & Sams, A. (2012). Flip your classroom. Reach every student in every class every day. Eugene, Oregon: ISTE.

Fischer, M. & Spannagel, C. (2012). Lernen mit Vorlesungsvideos in der umgedrehten Mathematikvorlesung. In J. Desel, J. M. Haake & C. Spannagel (Hrsg.), DeLFI 2012 – Die 10. e-Learning Fachtagung Informatik der Gesellschaft für Informatik e.V. (S. 225-236). Bonn: Köllen Druck+Verlag.

Handke, J. & Sperl, A.(Hrsg.) (2012). Das Inverted Classroom Model. Begleitband zur ersten deutschen ICM Konferenz. München: Oldenbourg Verlag.

Spannagel, C. (2011). Das aktive Plenum in Mathematikvorlesungen. In L. Berger, C. Spannagel & J. Grzega (Hrsg.), Lernen durch Lehren im Fokus. Berichte von LdL-Einsteigern und LdL-Experten (S. 97-104). Berlin: epubli.

Spannagel, C. (2012). Selbstverantwortliches Lernen in der umgedrehten Mathematikvorlesung. In J. Handke & A. Sperl (Hrsg.) Das Inverted Classroom Model. Begleitband zur ersten deutschen ICM Konferenz (S. 73-81). München: Oldenbourg Verlag.

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