Warum ein Plädoyer für Blended Learning?
Blended Learning ist gefühlt zumindest hier an der HWR Berlin eine Welle, die ihre Kreise zieht und deren Rauschen die Aufmerksamkeit bei vielen erweckt. Im BlendIT Pilotprojekt der HWR Berlin wird ein kompletter Studiengang zu 50% Online und 50% Präsenzlehre gestaltet. Wir bekommen viele Fragen, z.B. wofür denn das überhaupt gut sein soll, wieso gefühlt plötzlich alles über den Haufen geworfen wird und wer denn bitte diesen Aufwand zeitlich aufbringen kann und wer genau denn da was am Ende von hat … ich könnte diesen Fragenkatalog endlos erweitern. Mir mangelt es nicht an Antworten, denn das Gute ist: Ich habe das Blended Format selbst mittlerweile an vier Hochschulen ausprobiert und durchgeführt, zuletzt hier an der Berlin Professional School im MBA und im nächsten Semester im Blended Bachelor der HWR Berlin. Ich bin sehr überzeugt von Blended Learning! Warum? Für mich ist es die sinnvollste Art zu Lehren und Lernen, die ich daher hier mit meinen persönlichen TOP 10 aus meinen Frage-Antwort-Charts begründe. Zusammengefasst ein Plädoyer für das Lehren und Lernen mit Blended Learning:
Nr. 10: Nutzen Sie als DozentIn die Chance, Neues auszuprobieren! Starten Sie z.B. mit einer einfachen Video-Produktion ihrer Slides (Björn Lefers Tips). Ich persönlich habe im ersten Anlauf nur meinen Ton, nicht Bild von mir integriert, das mache ich vielleicht im nächsten Schritt … peppen Sie ihren Moodle Kurs auf, überlegen Sie sich, wie sie Online und Präsenz didaktisch sinnvoll verzahnen.
Nr. 9: Es gibt viele einfache Tools, die auch von technischen Laien einfach zu bedienen sind! Ich bin selbst reine Anwenderin und kein Technik-Freak und kriege es hin. Erklären Sie den Studierenden zu Beginn, was Sie wie benutzen. Faustformel: Nicht mehr als 3 verschiedene Tools zur Interaktion mit den Studierenden. Ich habe zB im letzten Kurs: 1.) Moodle als Learningspace, 2.) GoogleDocs als Working Space und 3.) Adobe Connect als Meetingsspace auserkoren und dies in einem kurzen Einführungsvideo vorgestelt.
Nr. 8: Teaching 21th century skills! Unternehmen erwarten für die Arbeit 4.0 Kompetenzen wie Kreativität, Kollaboration und kritisches Denken, um die Herausforderungen der Zukunft vernetzt, digital und flexibel zu lösen. Adressieren Sie diese Kompetenzen und identifizieren Sie die Lernziele für ihren Kurs, die diese Skills erweitern und didaktisieren die Online- und Präsenzeinheiten passend. Ich habe dies z.B. in dem australischen MOOC LTTO gelernt und angelehnt an eine Syllabus-Vorlage von Marcus Birkenkrahe für mich adaptiert.
Nr. 7: Erleichtern Sie sich und den Studierenden den Einstieg in die Online-Welt! Onboarding ist wichtig. Ich mache dies z.B. durch ein Meet & Greet im Moodle-Forum. Direkt zum Start beantworten die Studierenden eine leichte Frage und stellen sich vor. Ich bitte alle (freiwillig), ein Profilfoto hinzuzufügen und lobe die ersten Antwortenden und Kommentare. Dies schafft eine Vertrautheit in der Gruppe und nimmt die erste technische Hürde.
Nr. 6: Transparente Kommunikation! Eine/r fragt – von der Antwort profitieren alle! Ob Peer-Learning oder Fragen zum Kurs. Fördern Sie eine transparente Kommunikation und belohnen Sie dies im virtuellen Raum. Richten Sie Kommentare oder Foren für gegenseitige Fragen ein, moderieren und steuern Sie diesen Prozess zu Beginn und seien Sie online präsent.
Nr. 5: Nutzen Sie den Immersions-Effekt! Mit einer guten Moderation und Interaktion ist die Online-Welt genauso “präsent” wie der Präsenzunterricht! Wozu z.B. anreisen zur Abschlusspräsentation wenn dies in Adobe Connect ortsunabhängig möglich ist? Ihre Studierenden werden es Ihnen danken!
Nr. 4: Die Hochschule baut ihr Profil zu innovativen Lehr- und Lernformen aus! Durch die Erweiterung des Angebots mit Blended Learning ebnet die Hochschule den Weg als Aus- und Weiterbilder für die Zukunft. Die Anschaffung von modernen und flexiblen Arbeitsräumen für die Präsenzen unterstützt zudem die interaktive Unterrichtsmöglichkeiten.
Nr. 3: Bildungspartnerschaft zwischen Lehrenden und Lernern. Die Eigenverantwortung der Studierenden steigt, er oder sie entscheidet (innerhalb gewisser Deadlines) wann und wo er oder sie in den asynchronen Online-Phasen lernt und Aufgaben bearbeitet. Als DozentIn haben Sie diese Flexibilität ebenso und Sie haben die Fäden in der Hand, den Kurs für die Lerner herausfordernd zu gestalten ( Challenge your learner )
Nr. 2: Blended Lehre macht Spaß! Sie erhöhen die Variationen der Möglichkeit, mit den Studierenden zu interagieren um ein Vielfaches. Sie können Neues ausprobieren und zudem ihre produzierten Online-Elemente mehrfach verwenden. Die Studierenden bestätigen den Spaß an der Eigeninitiative und virtuellen Lehrform durch Blended Learning.
Nr. 1: Die Studierenden erhalten das Beste aus zwei Welten! Physisches Treffen unter Menschen ist und bleibt unersetzlich und wertvoll. Sie erhalten jedoch durch Blended Learning eine Kombination aus Online-Lernen und anwendungsorientierter Lehre an der Hochschule in Kleingruppen und erhöhen durch modernes E-Learning und Social Learning die digitale Kompetenz für die aktuelle Arbeitswelt.
Ja, Sie müssen Zeit investieren und sich mit der Technik und E-Didaktik auseinandersetzen. Der Aufwand lohnt sich jedoch (siehe 1-10)! Und ja, es gibt noch einiges zu klären – von alternativen Prüfungsformen bis hin zu Lehrdeputat. Dies muss seitens der Hochschulleitung beantwortet werden. Es ist keine Frage mehr, ob die Welt sich digitalisiert, sondern nur, wie wir darauf reagieren als Aus- und Weiterbilder für die erforderlichen Kompetenzen der Zukunft. Meine Gegen-Frage lautet daher: Warum denn nicht Blended Learning?
Ich plädiere also dafür: Einfach mal ausprobieren! Es gibt zahlreiche Beispiele vieler DozentInnen und ein tolles E-Learning Team, das Sie dabei unterstützt. Sie müssen nicht alles Bewährte über den Haufen werfen. Drehen Sie an einem kleinen Rädchen und starten mit dem ersten Schritt. Sie müssen das Rad noch nicht einmal neu erfinden, es gibt bereits viele gute Videos in Youtube und OER Materialien, die Sie zusätzlich verwenden können. Tauschen Sie sich mit KollegInnen aus und erstellen Sie gemeinsam Online-Inhalte, die Sie beide verwenden können und teilen Sie die Last somit auf mehreren Schultern. Die Angst sich abzuschaffen ist m.M. nach unbegründet. Sie bleiben der Experte auf ihrem Gebiet und schaffen durch die innovative Lehre einen erweiterten Zugang zu ihren Lernern und können die Präsenzzeiten nun intensiver für die Anwendung von Praxisbeispielen nutzen.
Ein besonderer Dank geht an Marcus Birkenkrahe, Birgit Felden, Frank Habermann, Harald Rüggeberg & das BlendIT Team für Input, Feedback und Tipps zum MBA Design & Manage Projects Kurs!
Feedback von Studierenden aus dem MBA Design & Manage Projects Kurs:
„The blended learning concept and the didactic approach was excellent. This experience was so great, and it was the teaching and the methods, that you applied that made it a lot more than only passing over the knowledge. For the first time, I could believe, that digital platforms are not simple time killers but instead really helpful. Additionally you had a very well thought through way of helping with the technical as well as conceptual issues. At first when it came to the distant learning time slots I felt that this was going to be a waste of time, but the opposite was the case. My time was really well used. I was able to discover that in essence this is what I was long looking and even fighting for in the working area. Now I have seen this success in the blended learning, I am still looking for more concepts in the working world. My wish for you is that you will always have inspiring people around you and continue to make such energizing learning experiences.“
Info zum BlendIT Programm für Dozenten im WiSe 2016/2017:
Am 2.11. findet der BlendIT Roundtable zum Thema Didaktische Verzahnung Präsenz/Online, zu dem ich am Beispiel des MBA Design & Manage Projects Kurses aus meinen Erfahrungen mit der didaktischen Vorbereitung, Online-Produktion und Durchführung aus dem Kurs berichten werde. (Achtung: Dieses Mal in Raum B 1.10 an der HWR Berlin Schöneberg)
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