Unsicherheit im Urheberrecht

21 Jun, 2012

Welche Materialien und vor allem in welchem Umfang dürfen Lehrende ihren Studierenden in einem abgeschlossenen Bereich eines Lernmanagementsystems (z.B. Moodle) bereitstellen? Wer meint eine eindeutige Antwort im § 52a UrhG zu finden, liegt leider falsch. Diese Schrankenregelung für Unterricht und Forschung stand nun erneut auf dem Prüfstand. Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 04. April […]

Welche Materialien und vor allem in welchem Umfang dürfen Lehrende ihren Studierenden in einem abgeschlossenen Bereich eines Lernmanagementsystems (z.B. Moodle) bereitstellen? Wer meint eine eindeutige Antwort im § 52a UrhG zu finden, liegt leider falsch. Diese Schrankenregelung für Unterricht und Forschung stand nun erneut auf dem Prüfstand. Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 04. April 2012 gegen die FernUniversität Hagen (Az.: 4 U 171/11) hat die Debatte wieder angeheizt. Hier ging es um die Interessen des Stuttgarter Kröner Verlages. Aus deren Werk „Meilensteine der Psychologie“ hat die FernUni Hagen ihren 4.000 Studierenden eines BA Studiengangs als Pflichtlektüre 91 Seiten im PDF-Format zum Download bereitgestellt. Im Verfahren wurden viele Fragen aufgeworfen. Welcher Umfang kann als „kleiner Teil eines Werkes“ gelten? Inwieweit ist der Zweck der „Veranschaulichung im Unterricht“ gegeben? Wann ist unter Abwägung der wirtschaftlichen Interessen des Verlages die Bereitstellung „geboten“? Erlaubt die „Zugänglichmachung“ den Download und Ausdruck?
Im Tenor hat das OLG Stuttgart befunden, dass es gegen das Urheberrecht des klagenden Verlages verstoße, wenn die FernUni Hagen mehr als 3 Seiten des (mehr als 500 Seiten umfassenden) Werkes

  • zum Download (Speicherung) auf Datenträger oder
  • zum Abruf in elektronischer Form ohne Speichermöglichkeit oder
  • zum Ausdruck

in einer geschlossenen Lernplattform zur Verfügung stellt. Im Ergebnis dürfen „kleine Teile“ eines Werkes nur zur Verdeutlichung und Illustration des Unterrichts und nur zum Lesen am Bildschirm zugänglich gemacht werden. Brisant ist das Urteil vor allem, da die zur Verfügung gestellte Lektüre den Unterricht nicht ersetzen, sondern nur ergänzen darf.
Nötige Rechtssicherheit hat das Urteil also nicht gebracht, so auch die Einschätzung von Julian Fischer im aktuellen DFN-Infobrief Recht. Es lässt vor allem klare Hinweise zum Umfang vermissen. So lassen nun viele Hochschulen prüfen, welche Empfehlungen sie den Lehrenden geben können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Geltungsdauer des §52a UrhG bis zum 31.12.2012 befristet ist. Mittlerweile hat die FernUni gegen dieses zweitinstanzliche Urteil Revision vor dem Bundesgerichtshof eingelegt. Es bleibt also spannend.

Autorinnen:
Katja Drasdo, Sylvia Stamm

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