Call for Papers: Lernvideos auch für Lehrende

15 Mai, 2012

von Oliver Tacke Momentan scheinen Lehrvideos im Internet auf einer kleinen Erfolgswelle zu surfen. Immer mehr Professoren zeichnen einzelne Vorlesungen auf, erstellen spezielle Videos und stellen diese frei ins Netz. Jeder Interessierte kann sich damit zu verschiedenen Themen weiterbilden; speziell für Studierende bieten solche Videos eine willkommene Ergänzung zu ihren Kursen. Eine mögliche Zielgruppe scheint […]

Eye opener? Bild: Le Chien Andalou (Buñuel/Dali, 1929)

von Oliver Tacke

Momentan scheinen Lehrvideos im Internet auf einer kleinen Erfolgswelle zu surfen. Immer mehr Professoren zeichnen einzelne Vorlesungen auf, erstellen spezielle Videos und stellen diese frei ins Netz. Jeder Interessierte kann sich damit zu verschiedenen Themen weiterbilden; speziell für Studierende bieten solche Videos eine willkommene Ergänzung zu ihren Kursen.

Eine mögliche Zielgruppe scheint allerdings bisher vergessen worden zu sein: die Lehrenden selbst! Ich denke, es besteht vielfach Interesse daran, an eingefahrenen Lehrveranstaltungen etwas zu verändern. Ebenso oft besteht aber eventuell die Furcht davor, sich mit anderen dazu auszutauschen und sich dadurch eine Blöße zu geben. Was liegt also näher als darüber nachzudenken, ein freies Angebot an Videos zur Hochschuldidaktik zu schaffen, in denen Lehrende an Hochschulen sich über Konzepte, Methoden, usw. informieren können?

Wie ein solches Angebot gestaltet werden müsste, um auf Akzeptanz zu stoßen, möglichst wirkungsvoll und finanzierbar zu sein, bliebe zu diskutieren. Die Chancen liegen jedoch auf der Hand: Lehrende könnten anschaulich Einblicke in ”andere” Lehr- und Lernformen gewinnen, die über das hinausgehen, was Texte in Büchern oder im Internet vermitteln können. Konzepte können nicht nur in abstrakter Form vorgestellt, sondern auch in realer Anwendung gezeigt werden. Als Beispiel sei ein Video genannt, in dem Christian Spannagel (Pädagogische Hochschule in Heidelberg) das aktive Plenum im Hörsaal vorführt und seine eigenen Eindrücke schildert.

”Inhaltlich” könnten die Videos folglich eine theoretische Beschreibung der Methoden beinhalten, vielleicht durch Animationen illustriert. Ebenso interessant wäre aber auch die praktische Demonstration in echten Veranstaltungen. Eine Ergänzung durch Stimmen der Dozenten zu ihren Erfahrungen und vor allem der Studierenden zu ihrer Meinung scheint angebracht.

Die Videos bedürften zusätzlich einem geeigneten ”Rahmen”. Zum einen beträfe dies die technische Seite. Denkbar wäre die Nutzung von Videoplattformen wie YouTube, eine Einbettung in Wikis, die von jedermann veränderbar wäre, aber auch eine geschlossene eigene Plattform. Zum anderen wäre zu klären, welche Zusatzinformationen und -dienste sinnvoll wären:
* Klassifizierung nach Veranstaltungstyp, Zeitaufwand, …
* Hinweise auf ergänzende Literatur
* Feedback- und Diskussionsmöglichkeit
* Eingebaute Online-Übungen
* usw.

Letzlich blieben zahlreiche ”organisatorische” Fragen zu klären, die wiederum Einfluss auf den Rahmen hätten. Sollte es eine zentrale Stelle geben, die für Videoerstellung, Richtliniengestaltung und Pflege der Plattform verantwortlich ist? Vertraut man stattdessen ausschließlich dem freiwilligen Engagement der Bildungsgemeinschaft oder wäre eine durchdachte Mischung sinnvoll? Es schließen sich ebenso rechtliche Fragen an, die einerseits das Urheberrecht betreffen (etwa Tonuntermalung durch Musikstücke, Nutzung von Grafiken, Freigabe der Videos beispielsweise unter  Creative-Commons-Lizenz), andererseits aber auch Persönlichkeitsrechte (insbesondere die von Studierenden, wenn Methoden im Hörsaal gefilmt werden). Und, natürlich, welche Kosten würden entstehen und wie könnten diese getragen werden?

Es bliebe über das bisher Gedachte hinaus zu überlegen, welche Konsequenzen eine solche Plattform für die Weiterbildungsveranstaltungen zur Hochschuldidaktik haben könnte. Wenn nach dem Prinzip des Flipped Classroom bzw. des Just-In-Time Teaching eine Vorbereitung auf ein Thema mittels umfangreichen Materials möglich wird (hier speziell über Videos), entsteht größerer Freiraum in den Präsenzveranstaltungen. Es stände Lehrenden etwa mehr Zeit zur Verfügung, die vorgestellten Methoden in einem geschützten Umfeld selbst mit anderen Teilnehmern zu erproben, bevor sie ”in freier Wildbahn” auf Studierende treffen – vielleicht gar als ”Lehren lernen durch Lernen durch Lehren” (LldLdL).

Wäre das alles nicht eine Überlegung im größeren Rahmen wert?

von Oliver Tacke

Print Friendly, PDF & Email

0 Kommentare