Crowdfunding – Nur für den sympathischen Kreativen von nebenan?

von Lisa Grünneker

13 Mai, 2013

Obwohl das Crowdfunding, oder wie es holprig ins Deutsche übersetzt heißt: „Schwarmfinanzierung“, bereits seit längerer Zeit als Art der Finanzierung bekannt ist, habe ich persönlich erst vor einigen Wochen zum ersten Mal davon gehört. Für alle Neulinge in diesem Thema: Unter Crowdfunding versteht man allgemein eine Methode der Geldbeschaffung für Projekte, Produkte oder neue Geschäftsideen. […]
Wild_Child_HC, http://www.flickr.com/people/38730115@N02/, Foto lizenziert unter Creative Commons
Wild_Child_HC, http://www.flickr.com/people/38730115@N02/, Foto lizenziert unter Creative Commons

Quelle: Flickr

Obwohl das Crowdfunding, oder wie es holprig ins Deutsche übersetzt heißt: „Schwarmfinanzierung“, bereits seit längerer Zeit als Art der Finanzierung bekannt ist, habe ich persönlich erst vor einigen Wochen zum ersten Mal davon gehört. Für alle Neulinge in diesem Thema: Unter Crowdfunding versteht man allgemein eine Methode der Geldbeschaffung für Projekte, Produkte oder neue Geschäftsideen. Meist werden die Kapitalgeber dabei über das Internet und spezielle Internetseiten, die bei der Veröffentlichung der Projekte und dem Ablauf der Sammelaktion unterstützen, zum Crowdfunding aufgerufen. Seinen Anfang fand das Crowdfunding mit dem neuen Millennium. Zunächst entdeckten Musiker derartige Internetplattformen für sich, um sich gegen die Entwicklungen des Raubkopierens zur Wehr zu setzen. So war es den Musikern möglich, Geld für die Produktion ihrer neuen Alben zu verdienen, bevor sie sie veröffentlichten. 2009 folgte die Gründung des bisher größten Crowdfunding-Anbieters Kickstarter.com. Dort haben seither mehr als vier Millionen Unterstützer mit mehr als 608 Millionen US-Dollar mehr als 41000 kreative Projekte finanziert. Neben Projekten im Bereich von Kunst und Kultur wurden auch Ideen im Bereich der Lebensmittelherstellung, dem Modedesign etc. verwirklicht. Deutschland erreichte das Crowdfunding Ende 2010. Plattformen wie inkubato.de, startnext.de oder visionbakery.com stehen zur Verfügung und helfen dabei, Projekte aus Kategorien wie Design, Kunst, Mode, Musik, Film bzw. Video, Foto, Events/Ausstellung, Bühne/Theater, Essen & Trinken, Journalismus oder Sport zu finanzieren. Die bekannte TV-Serie Stromberg zum Beispiel ließ sich mithilfe des Crowdfundings den Film zur Serie finanzieren und sammelte innerhalb von nur einer Woche eine Million Euro. Mittlerweile wurde der Film abgedreht und befindet sich in der Phase der Postproduktion.

Ähnliche Beispiele finden sich in letzter Zeit auch auf der amerikanischen Crowdfunding-Plattform Kickstarter.com. Auch hier sollte aus einer amerikanischen TV-Serie ein Film gemacht werden. Das Projekt fand überragenden Zuspruch. Innerhalb nur eines Tages wurden zwei Millionen US-Dollar übertroffen und insgesamt mehr als fünf Millionen Dollar eingenommen. Kurze Zeit später schloss sich der US-Schauspieler Zach Braff (vielen als J.D. aus der Serie „Scrubs“ bekannt) dem Vorbild an. Für sein neues Filmprojekt, sein zweiter Film nach dem Erfolg von „Garden State“, sammelt er über Kickstarter noch bis zum 24.Mai um „Wish I was here“ zu verwirklichen. Auch hier wurden die anvisierten 2 Millionen Dollar bereits nach 1,5 Tagen erreicht und über 37000 Unterstützer haben sich bisher dem Projekt angeschlossen. Obwohl beide Projekte unglaublich erfolgreich waren, sind immer mehr kritische Stimmen zu hören und es bildet sich eine Opposition, die es nicht gutheißen mag, dass weltberühmte TV-Stars die Crowdfunding-Plattform als Finanzierungshilfe nutzen.

Womit wir auch bei der Frage wären, die ich mir seit einiger Zeit selbst stelle: Sollten Crowdfunding-Plattformen Projekten und Kapitalsuchenden vorbehalten bleiben, welche selbst keinen Zugang zu Kapital oder zur Industrie haben und über keine Kontakte zu solchen Menschen verfügen, die Zugang dazu verschaffen können? Sollte also nur der sympathische Kreative von nebenan Crowdfunding nutzen dürfen?

Ich persönlich würde diese Frage verneinen. Viele Kritiker betonen, dass die Initiatoren der hier genannten Projekte bereits jetzt millionenschwer seien und daher keine weitere Finanzierung nötig hätten. Zudem würden sie ihre Fans als günstige Finanzierungsform ausnutzen und auf deren Kosten Profite machen, von denen die Fans anschließend nichts abbekämen. Außerdem handele es sich bei der Crowdfunding-Aktion um einen Missbrauch der Plattform und lediglich um eine Marketing-Strategie. Natürlich kann ich die persönlichen Beweggründer der Finanzierungssuchenden nicht beurteilen und auch deren Aussagen, dass es sich nicht um einen einfachen Weg zum Geld verdienen handele, kann ich nicht verifizieren. Dass die finanziellen Mittel sicherlich auch auf andere Weise beschafft werden könnten steht außer Frage. Dennoch sehe ich ihre Aktionen als insgesamt positiv an und möchte meine Gründe dafür hier kurz darlegen.

Zum einen handelt es sich bei der finanziellen Unterstützung, die beim Crowdfunding geleistet wird, nicht um einseitige Spenden. Die Geldgeber erhalten im Gegenzug für Ihren Einsatz etwas zurück, das je nach Höhe des Betrages, auch einen monetären Wert besitzt. Beispielsweise Zugang zum Produktionstagebuch, Eintrittskarten zu Vorschauen der Filme, T-Shirts etc. Dass der Auftritt auf der Crowdfunding-Plattform sicherlich unter Marketing-Gesichtspunkten nicht schädlich ist, soll an dieser Stelle nicht abgetan werden. Inwiefern dies als Missbrauch interpretiert werden kann, ist jedoch subjektiv zu entscheiden. Allerdings sehe ich es sowohl für den Finanzier, als auch den Unterstützten als positiv an, dass das Crowdfunding bereits vor der Investition des Geldes in das Projekt eine erste Prognose erlaubt, ob es für das Endprodukt auch tatsächlich eine Nachfrage gibt. So habe ich, als sogenannter Endnutzer des Angebotes, zumindest das Gefühl, dass hier ein Produkt entsteht, das meine Bedürfnisse befriedigt und nicht umgekehrt. Des Weiteren möchte ich betonen, dass es nach wie vor jedem persönlich vorbehalten ist, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen oder nicht. Viele Kommentatoren der Debatte behaupten darüber hinaus, berühmte Kickstarter-Nutzer würden den weitaus Bedürftigeren den Fokus stehlen und die Supporter der Braffs dieser Welt würden ihr Geld statt den Bedürftigen den ohnehin schon Reichen überlassen. Dem kann ich als Wirtschaftswissenschaftlerin nur entgegnen, dass es augenscheinlich eine Nachfrage nach derlei Projekten gibt, da die enormen Einnahmen ansonsten nicht erlangt worden wären. Solange die Nachfrage besteht, sehe ich keinen Grund (und besonders nicht aus unternehmerischer Sicht), das Angebot nicht zur Verfügung zu stellen.

Der wichtigste Grund aber aus dem ich mich so positiv für den Auftritt der Stars auf den Crowdfunding-Plattformen äußere, lässt sich sogar anhand von Zahlen belegen. Der Marketingeffekt der Celebrities auf Crowdfunding-Seiten ist nämlich keine Einbahnstraße. Die bekannten Namen brachten Kickstarter.com beispielsweise enorme Besucherzahlen. An keinem Tag hatte das Portal so viele Besucher als an dem Tag, an dem Braff sein Projekt dort startete. Die Projekte der Stars brachten Tausende Neue zur Plattform. Nach Angaben von Kickstarter.com waren darunter 63 Prozent, die davor noch nie ein Crowdfunding-Projekt unterstützt hatten. Wiederum Tausende haben danach noch weitere Projekte unterstützt und berichten, dass sie erst durch den TV-Star auf die tollen Projekte aufmerksam gemacht wurden. Die These dass die Geldgeber also nur das Projekt des berühmten Schauspielers unterstützen würden und daraufhin nicht mehr in der Lage seien, andere Projekte zu finanzieren, kann bei weitem nicht unterstützt werden. Vielmehr konnten die anderen Projekte davon profitieren, dass ein großes zusätzliches Publikum zum Crowdfunding gefunden hat.

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2 Kommentare

  1. Dominik

    Schöner Artikel, Lisa!
    Ich sehe das völlig unkritisch, wer sich über Crowdfunding kapitalisieren möchte. Letztlich geht es ja einfach darum, dass ich als “Kleininvestor” ein Projekt finanziell unterstützen kann, dass mir am Herzen liegt. Ob das jetzt von “John Doe” oder einem Star ist, spielt m.M. nach keine Rolle, da ja jeder frei entscheiden kann, was er untersützen möchte und was nicht. Wenn ich ein Fan von etwas bin (sei es ein Produkt oder ein Schauspieler -> Film) und ich kann durch meine Unterstützung (die ja i.d.R. marginal ist) ermöglichen, dass so ein Projekt zustande kommt, ist das doch fantastisch. Ein witziges Beispiel fand ich die Berliner Weiße: http://www.inkubato.com/de/projekte/bogkbier Und für eine “Spende” dann ein Goodie oder irgendeinen Vorteil zu bekommen ist doch super.

    Davon noch etwas abzugrenzen ist m.M. nach das Crowdfuning à la Seedfunding. Zum Beispiel https://www.seedmatch.de oder https://www.companisto.de. Hier geht es um die (Erst-/Teil-)Kapitalisierung von Unternehmen (i.d.R. Startups) in Form von z.B. Darlehen. Dazu könnten bestimmt die Kollegen von swabr.com (http://elearning.hwr-berlin.de/blog/2013/04/08/slates-prinzipien-als-indikatoren-fur-den-paradigmenwechsel-vom-web-2-0-hin-zum-enterprise-2-0/) noch etwas erzählen: https://www.companisto.de/startups/swabr.com-startup-13/overview

  2. Mareike

    super Artikel Lisa! Ich habe die Diskussion dazu auch verfolgt und sehe es wie du, dass
    durch die Finanzierung z.B. von Filmen auch Aufmerksamkeit auf Projekte gelenkt werden kann
    die vielleicht eher zu unterstützen sind als der nächste Hollywood Streifen. Die Nutzung von Social Media und einer kickstarter Plattform um die Fanbasis einer Serie einzubinden finde ich gut, denn es wird
    auch den Produzenten mehr Freiheiten eröffnen den Film nach den Vorstellungen der Fans zu gestalten wenn dadurch bereits eine Grundfinanzierung gesichert ist. Kein noch so großer Star würde höchstwahrscheinlich für eine Produktion mit seinem Privatvermögen haften. Vieler dieser Hollywood Berühmtheiten nutzen ihre Präsenz in den Networks außerdem auch für Spendenaufrufe um wirklich etwas zu verändern z.b. Matt Damon (water.org) um mehr Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Interessant finde ich diese Wege der Finanzierung auch für neue Produktideen bei denen durch diese Plattformen eine erste Produktion überhaupt möglich erst möglich wird. Firmen binden dies ebenfalls in ihre Produktentwicklung ein z.b. Lego die ab einer bestimmten Anzahl von Unterstützern die Produktion von Produktideen begutachten. Dabei geht es weniger um die Finanzierung als wie von Lisa bereits erwähnt ein Interesse der Kunden an diesen Produkten nachzuweisen.

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