Die neue „E-Klausur in Präsenz“ für die Erstsemester im Fach Einsatzmanagement

15 Mrz, 2024

In diesem Artikel, verfasst von den zwei Dozierenden Sylvia Döbrich und Janette Gille (FB 5), wird die Reise von einer Papierklausur zu einer abgesicherten E-Klausur beschrieben. Ein locker gehaltener Text, reich an Erfahrungen, der hoffentlich weiteren Dozierenden die E-Klausur schmackhaft machen kann und der bereits bekennenden Prüfenden ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Zwei Dozentinnen erklimmen den steinigen E-Weg – ein Erfahrungsbericht

„Manchmal zeigt sich der Weg erst, wenn man anfängt, ihn zu gehen.“ (Paulo Coelho)

Im Fachbereich 5 „Polizei und Sicherheitsmanagement“ wird für den Studiengang „Gehobener Polizeivollzugsdienst (B.A.)“ das Modul 2 im Fach Einsatzlehre für die Erst- und Zweitsemester unterrichtet. Hier werden die wissenschaftlichen Grundlagen des Einsatzmanagements vermittelt. Die eher fallbezogenen Inhalte des 2. Semesters bauen dabei sinnlogisch auf die theoretischen Grundlagen des 1. Semesters auf. Das Modul 2 wird zum Ende des 2. Semesters mit einer Modulabschlussprüfung in Form einer Präsentation mit schriftlichem Anteil abgeschlossen, beinhaltet allerdings schwerpunktmäßig die Lehrinhalte des 2. Semesters. Eine zusätzliche Prüfungsform für die Lehrinhalte des ersten Semesters musste also her. Am Anfang eines Weges steht meist eine Idee. Diese war nach einer umfangreichen Brainstorming Phase geboren: eine E-Klausur in Präsenz sollte es richten. Und „E“ steht hier nicht für Einsatzmanagement, sondern für „Elektronisch“.

Um diese Idee in einen Kontext zu packen, ist es vielleicht nicht unwichtig zu wissen, dass beide Autorinnen dieses Beitrages der Generation Babyboomer bzw. X entstammen, sich also bereits in der „Blüte des Lebens“ befanden, als die ersten Handys und PCs nach und nach den Alltag eroberten. Zudem wurden beide in der Polizeikultur geprägt und hatten in den Dienstjahren vor ihrer Lehrtätigkeit als Führungskräfte im höheren Dienst viele Entscheidungen im Management zu treffen, größere Einsatzlagen zu führen, Besprechungen zu leiten und Vorträge zu halten. Warum heben wir gerade diesen letzten Punkt so hervor? Die entsprechend erforderliche IT-Kompetenz für diese Tätigkeiten wurden von speziell fortgebildeten Mitarbeitenden übernommen, so dass die benötigte Hard- und Software wie „durch Zauberhand“ einfach immer irgendwie da war und funktionierte. : )

Wir also nun wollten eine einstündige E-Klausur im handlichen Multiple-Choice-Format als Prüfungsform am Ende des ersten Semesters für das Fach Einsatzlehre implementieren. Im Nachhinein müssen wir heute doch sehr schmunzeln, wenn wir an unsere damalige Vorstellung von dem vor uns liegenden Weg denken. Geprägt durch regelmäßig durchlaufene Planungs- und Entscheidungsprozesse im Polizeikontext unterlagen wir der irrigen Annahme, uns ein paar Fragen inkl. Multiple-Choice-Antworten auszudenken und diese dann in einem Word-Dokument an „irgendeinen IT-Bereich der HWR“ zu schicken, damit von dort aus ein formvollendeter E-Test erstellt und am festgelegten Prüfungstag vom Prüfungsamt für die Studierenden in einem Zeitfenster von einer Stunde freigeschaltet wird.

Hilfreich wäre sicher ein Blick auf die Online-Seite des E-Learning-Zentrums (ELZ): hier nachzulesen, auf welcher ein Überblick über den Organisationsablauf einer abgesicherten E-Klausur in Präsenz gegeben wird. Heute wissen wir auch, dass man hier durchaus eine Vielzahl nützlicher Informationen erhalten hätte, um sich mit dem Ablauf und der Vorbereitung einer solchen digitalen Präsenzprüfung vertraut zu machen.

Wir aber entschieden uns nun, in der Dämmerung, nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, einen unbekannten steinigen Weg zu betreten und unsere Wanderung trotz Einbruch der Nacht und fehlender Wegbeleuchtung mit absolut ungeeigneten Schuhen zu beginnen. Läuft man erst einmal los, scheint der Rückweg keine Option mehr zu sein und schließlich kann auch eine Taschenlampe die wesentlichen Schatten erhellen.

Der Beginn

Bereits zu Beginn unserer Reise wurde schnell klar, dass Multiple-Choice nicht die einzige und schon gar nicht die beste Möglichkeit für die Wahl des Fragetypus einer E-Klausur wäre. So lernten wir also diverse andere Fragetypen wie beispielsweise die „Zuordnung“ und die vom Prüfungsamt für uns empfohlene „Multiple-True-False (MTF)“-Variante kennen. Es heißt, diese Art der Frage-Antwort-Konstellation sei viel rechtssicherer als „Multiple-Choice“, weil hier jeder Studierende bei jeder einzelnen Antwortmöglichkeit entscheiden muss, ob diese wahr oder falsch ist und in einer ziemlich geradlinigen Zählweise wird jede mit jeweils einem Punkt bewertet. Im weiteren Verlauf stimmte lediglich ein Schritt deckungsgleich mit unseren Vorstellungen überein. Es mussten also erst einmal viele, viele Fragen mit entsprechenden Antwortmöglichkeiten überlegt werden, um auf einen Pool mit einer gewissen Anzahl an unterschiedlichen Fragen, die die verschiedenen Inhalte der Lehrveranstaltung abdecken, zugreifen zu können. Dieser anfangs leere Pool wurde also nach und nach durch die hauptamtlich unterrichtenden Lehrkräfte unseres Teams gefüllt.

 

Ziemlich schnell stellte sich uns jedoch ein riesiger Findling in den Weg. Als nämlich klar wurde, dass die Vorstellung, einfach ein Worddokument mit unseren Fragen und Antworten an „jemanden“ zu übersenden, der daraus eine E-Klausur „bastelt“, etwas naiv war. Wir waren plötzlich selbst gefragt, in die für uns unbekannten Tiefen von Moodle abzutauchen, um uns mit der dort nicht unbedingt sehr intuitiven Möglichkeit der digitalen Fragen- und Antwortenerstellung auseinanderzusetzen. Zum ersten Mal mussten wir Überlegungen zu Details wie Kategorien, Aufgabentitel, maximale Punkte, Stamm, Fragestatus, allgemeines Feedback, Wahlantworten nummerieren, Bewertung, Teilpunkte, Bewertungsoptionen, Wahlantwort 1, 2, 3, 4, 5 usw., Feedback für Wahlantwort 1, 2, 3, 4, 5, usw., Mehrfachversuche mit Abzug oder nicht und vielem mehr anstellen. Dieser digitale Erstellungsdschungel war nur in regelmäßigen BigBlue-Button-Sitzungen mit dem E-Learning-Zentrum zu durchdringen. Die Mitarbeitenden des ELZ haben dabei viel Geduld an den Tag gelegt, unsere vielen Fragen zu beantworten. Im Ergebnis hatten wir irgendwann endlich 100 Stammfragen mit jeweils mehreren Wahr- bzw. Falschantworten selbst digital erstellt und waren uns sicher, nunmehr endlich mit dem richtigen Schuhwerk digital unterwegs zu sein und die Ziellinie schien greifbar nah. So ist das eben mit Irrtümern, denn, wie wir nun heute wissen, ist eine Fragensammlung noch keine E-Klausur. Erst jetzt wurde klar, wie viele Akteure doch tatsächlich für die Durchführung solch einer Art von Prüfung zusammenwirken müssen. Es müssen über das Studienbüro in Abstimmung mit dem Prüfungsamt E-Prüfungsräume gebucht werden, damit solch ein digitaler Test in den Räumlichkeiten der HWR Berlin über ein hochschuleigenes, abgesichertes Endgerät durch die Studierenden überhaupt abgelegt werden kann. Hier stellt sich bei einer knapp 30iger Studiengruppenstärke die Herausforderung, dass es am Standort Lichtenberg drei IT-Seminarräume mit 20 und einen mit 28 Computerplätzen gibt, welche für E-Prüfungen geeignet sind. Bei regelmäßig 10 Erstsemester-Studiengruppen muss dies also für das Ende des Semesters frühzeitig und mit einer jeweiligen Zweitaufsicht für den erforderlichen 2. Raum gut koordiniert sein.

 

Für die tatsächliche E-Klausur erfolgte dann durch uns eine Auswahl aus dem Pool der 100 Fragen. Dieser nunmehr fertig erstellte Test muss nun von jedem einzelnen Dozierenden in den eigenen Kurs implementiert werden, damit die Studierenden der jeweiligen Studiengruppe am Prüfungstag über ihren eigenen Moodlekurs überhaupt Zugriff haben. Kein Problem! Eine von uns zusammengestellte 4-seitige Screen-Shot-Schritt-für-Schritt-Anleitung führt die einzelnen Dozierenden über die „logische“ Schrittfolge „Mehr“ -> „Kurse wiederwenden“ -> „Kurse suchen“ -> „Quellkurs wählen, aus dem Daten importiert werden sollen“ -> „Einstellungen für den Import“ -> „Aktivitäten und Ressourcen einbeziehen“ -> „keine Typ-Optionen einbeziehen“ durch den Prozess. Nur nicht vergessen, den Test unmittelbar im Anschluss für die Teilnehmenden zu verbergen und mit einem Passwort zu versehen, sonst wundert man sich nachher über 100 % sehr gute „Leistungen“. Nun müssen noch die jeweiligen Links zu den digitalen Verortungen der Tests an das ELZ geschickt werden und schon können von dort aus sowohl der Check der Testeinstellungen als auch die Absicherung der Testbedingungen durch die Konfiguration des Safe Exam Browsers an den Geräten anhand der vorgegebenen Kriterien (z.B. kein Zugriff auf das Internet) erfolgen. Am Prüfungstag selbst kann man sich ebenfalls auf den technischen Vorort- bzw. telefonischen Support durch das ELZ verlassen. Hier greift eine sehr gut verzahnte Zusammenarbeit des ELZ mit den Dozierenden bzw. Prüfungsaufsichten sowohl vor, während als auch zum Ende der Prüfungsstunde ineinander. Das beinhaltet u.a. das Hochfahren und eventuelle Updaten der Computer, technische Schritt-für-Schritt-Anleitungen und Ablaufinformationen sowie die Unterstützung, falls es zu technischen Problemen kommt.

 

Falls man denkt, nun sind wir endlich durch die Ziellinie geschlittert, gehört man zu denjenigen, die schon den auf der Zielgeraden stolpernden Führenden bejubeln. Denn kein Test ohne Auswertung! Nach einer kurzen Zugriffssperrfrist, um die Anonymisierung der Studierenden zu realisieren, hat man als Dozent/in noch am Prüfungstag selbst die Möglichkeit, sich die Ergebnisse des Testes anzuschauen. Auch hier führt wieder eine von uns erstellte 7-seitige Screenshot-Schritt-für-Schritt-Anleitung die einzelnen Dozierenden über die ebenfalls nicht ganz so intuitive Schrittfolge „Bewertung“ -> „Antworten“ -> „Was in den Bericht einbezogen wird“ -> „Alle mit Testversuchen“ -> Tabellendaten herunterladen als“ -> „Microsoft Excel (.xlsx)“ durch den Prozess des Downloads der Ergebnisdaten. Das Auswertungsmodul gibt einem viele Möglichkeiten der „Feindiagnostik“. So kann man beispielsweise durch Auswertung der Fehlerquote die besonders leichten oder besonders schweren Fragen identifizieren und Schlussfolgerungen für die Lehre ableiten, um nur eine der vielen Möglichkeiten zu nennen.

Bleibt zum Schluss eine Frage: Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? Ja!

Nunmehr haben wir im Modul 2 zwei sehr unterschiedliche Prüfungsformen, um die Lehrinhalte in beiden Semestern abprüfen zu können. So sind wir viel besser in der Lage, die Studierenden da abzuholen, wo sie sich mit ihrem Wissensstand befinden und können bereits innerhalb des Moduls fehlende Bausteine ergänzen.
Die E-Klausur selbst ist immer wieder verwendbar. Durch den Fragenpool kann für jeden Durchlauf immer wieder eine „neue Klausur“ erstellt werden, wobei der Pool relativ aufwandsarm ergänzt oder überarbeitet werden kann. Die Auswertung erfolgt automatisch und ermöglicht vielschichtige Auswertungsmöglichkeiten. Langfristig gesehen rechnet sich also diese enorme Anfangsinvestition.

Wenn wir nun in unserem Büro sitzen und auf unseren Weg zurückblicken, lächeln wir uns stolz an, nicken dankbar der ELZ-Nummer auf dem Telefontableau zu und der Blick fällt auf einen kleinen Kühlschrankmagneten mit einem Spruch von Ernst Ferstl: „Ist das Ziel erreicht, wird aus der Ziellinie eine Startlinie!“

 

 

Autorinnen:
Sylvia Döbrich und Janette Gille
Dozentinnen für Einsatzmanagement Fachbereich 5
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