Seit meinem letzten Artikel „Aufmerksamkeitsfresser Smartphone“ schwappte Anfang August eine neue Welle an Artikeln Pro-und-Kontra-Smartphone-Benutzung generell über Deutschland. Ausgelöst wurde die Diskussion durch die Spiegel Print Ausgabe 32/2016 mit dem Titel „Legt doch mal das Ding weg!“ und dem Artikel „Der Feind in meiner Hand“ . (Blendle-Bezahl-Link).
Von der reißerischen Überschrift bleibt in dem Artikel selbst nicht mehr viel übrig. Er handelt unter anderem über drei Familien und wie sie ihren Kindern Medienkompetenz in Sachen Handys und Internet vermitteln möchten.
Obwohl die Bezeichnung „vermitteln von Medienkompetenz“ in diesem Zusammenhang übertrieben erscheint. Die ersten zwei Geschichten werden von Familien aus der Mittelschicht erzählt und vermitteln eher einen „Kampf“ gegen Smartphones. Zwischen den Zeilen offenbaren sich aber noch andere Aspekte wie z.B. die Mutter, die die Chats ihres 9-jährigen Sohnes mitliest und dies gerne auch noch machen möchte, wenn er 15 Jahre alt ist, weil es „gerade dann wahrscheinlich am wichtigsten wäre“.
In der dritten Geschichte wird von einer türkischen Familie erzählt, in der es keine Regeln zur Handy- und Mediennutzung gibt. Die Tochter Derin, 9 Jahre alt und in der 3. Klasse, erzählt davon, dass sie von der Schule nach Hause kommt und im Prinzip den ganzen Tag damit spielt oder mit Freunden schreibt. Da Handys in der Schule verboten sind und sie es dennoch meistens mitbringt, wird es ihr des des Öfteren weggenommen.
Wahrscheinlich ist Derin eine der Schülerinnen über die sich Arne Ulbricht in diesem Spiegel Kommentar so echauffiert. Als Lehrer ist er täglich mit dieser Art von Schülern konfrontiert, die sich von Smartphones leicht ablenken lassen. Sein Kommentar hat generell einen sehr gereizten Ton und es ist leider dadurch schwer, den Kern seiner Aussage zu erfassen. Worauf er hinaus will, zeigt sich in diesem Zitat:
“Aber ich habe noch Hoffnung: Darauf, dass wir uns wieder mehr auf unsere Vorbildfunktion besinnen und das Gerät manchmal einfach zu Hause oder ausgeschaltet lassen. Darauf, dass wir vorleben, dass ein Dasein ohne Smartphone nicht nur möglich, sondern bereichernd sein kann.“
Ein wichtiger Punkt in dieser Diskussion, welcher auch im Spiegel Artikel zur Sprache kam, ist die Vorbildfunktion der Eltern. Wenn die Eltern die Nutzung der Smartphones beschränken oder verbieten und selbst den ganzen Tag diese benutzen, ist der erzieherische Nutzen dahin.
Der zweite Punkt ist die übermäßige Nutzung. Auch hier spielt Erziehung wieder eine sehr große Rolle. Im Spiegel Artikel sind z.B. am Esstisch oder im Bett für jeden in der Familie elektronische Geräte tabu.
Was leider nirgends besprochen wird, ist das Thema Medienkompetenz, denn für viele Kinder und Jugendliche sind Smartphones und Laptops und Internet längst Alltag. Wichtig sind nicht nur Regeln darüber, wann ich Medien nutze, sondern vor allem wie.
Andreas Albert hat in seinem Artikel erklärt, wie er für seinen 9-jährigen Sohn entschieden hat. Mit Absprachen zur allgemeinen Nutzung, Aufklärung und Filtern von Medieninhalten gibt es hier keinen Streit. Er empfiehlt auch möglichst lange die „Technikhoheit“ zu behalten. Das wiederum bedeutet jedoch auch, dass man diese erst einmal haben muss, was womöglich die größte Hürde für die Eltern darstellt.
Der zweite wichtige Standort an dem Jugendliche Medienkompetenz erlernen sollten, ist neben dem Elternhaus, die Schule. Arne Ulbricht steht diesem gelinde gesagt skeptisch gegenüber und möchte Smartphones am liebsten komplett aus der Schule verbannen.
Jochen Fuchs sieht Ulbricht sogar als Gefahr für unsere Kinder anstelle der Smartphone. In seinem Kommentar im Magazin t3n.de berichtet er stattdessen von seiner Erfahrung in der Berufsschule, in der ein Lehrer die Smartphones nicht als Problem, sondern als Chance wahrnahm. Er integrierte sie im Unterricht und ließ Schülerinnen und Schüler Erklärungen oder Vokabeln damit nachschlagen.
Er verweist auch auf einen Artikel von Spektrum.de, der über den Einsatz von digitalen Medien im Unterricht berichtet. Hier wird von vor allem von deutschen Lehrkräften, die den neuen digitalen Medien eher ablehnend gegenüberstehen berichtet, zusätzlich geht der Artikel auf den Aspekt ein, dass weniger gute Schülerinnen und Schüler durch die zusätzlichen Medien überfordert werden.
Wichtig dabei ist, was Kinder und Jugendliche mit den digitalen Geräten machen. Der Lehrer Christian Schlöndorf dazu:
“Es wäre weltfremd auf die neuen Geräte und Möglichkeiten zu verzichten. Es gibt kein Lernen ohne Medien. Und in Schülerhänden befinden sich heute nun mal zumeist digitale.“
Der Psychologe Hermann Körndle führt im Artikel noch dazu aus, dass es notwendig sei, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, etwa wichtige und richtige Information aus der Datenflut im Internet herauszufiltern sowie die Möglichkeiten der Geräte zu vermitteln.
Das Wichtige ist vor allem, dass beide Seiten, Eltern und Schule, zusammen arbeiten, um den Kindern und Jugendlichen Medienkompetenz beizubringen und auch den Zugang zu den digitalen Medien zu erleichtern.
Die heutige Generation wird mit Smartphone, Internet usw. aufwachsen. Ob es den Erwachsenen gefällt oder nicht, dagegen können sie nichts tun, aber sie können den richtigen Umgang damit beibringen.
Und wenn man sich überlegt, dass schon die alten Sumerer gegen Jugendliche geschimpft haben, dann kann man seine Einstellung hier erneut überdenken.
0 Kommentare