Lehre in Zeiten von KI

21 Nov, 2024

Dieses Thema stand am 11. November 2024 im Fokus der aktuellen Veranstaltung im Rahmen der Reihe "Gute Lehre zukunftsfähig gestalten". Zudem war es in unser Verbundprojekt PadLL (Plattform für angewandtes digitales Lehren und Lernen) eingebunden. An der Veranstaltung nahmen rund 50 Gäste teil.

Es ist inzwischen Tradition, dass wir im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Gute Lehre zukunftsfähig gestalten“ aktuelle Themen aufgreifen und hochschulexterne Expert*innen für einen Impulsvortrag gewinnen.

Vortrag

Impulsgeber für diese Veranstaltung zum Thema Lehre in Zeiten von KI war Ben Lenk-Ostendorf von der TU München. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Educational Technology bei ProLehre leitet er das Projekt „KI-Tutoren“, einem bayernweitem Programm von über 50 Tandems aus Studierenden und Lehrenden, die gemeinsam explorieren, wie KI Lehre bereichern kann.

Aufzeichnung des Vortrages

Anschaulich gab er uns einen Einblick wie weit generative KI heute verbreitet ist und startete gleich mit zwei negativen Beispielen, in denen sich die KI als Autor*in in wissenschaftlichen Veröffentlichungen (mit mehreren „menschlichen“ Autor*innen und offiziellem Review) outet. Die KI ist allgegenwertig, liefert nicht nur Wissen, sondern bietet auch Wissensarbeit an. Sind Sprachmodelle jedoch am Ende nur stochastische Papageien, die riesige Mengen an Text ohne tatsächliches Verständnis, zugegeben meist sprachlich sehr gut formuliert, wiedergeben? Wie können wir daher klug Sprachmodelle einsetzen? Das effektive Prompten mit unterschiedlichen Methoden scheint ein Schlüssel, um wirklich gute Ergebnisse zu erzielen. Ben Lenk-Ostendorf stellte die KAFE-Methode vor, der vor allem die Notwendigkeit des Evaluierens der KI Ergebnisse betont. Mit Blick auf die Veränderung von Prüfungen kann die Orientierung am ALTA-Prozess helfen.

Mit den wachsenden Möglichkeiten einher geht eine fundamentale Transformation der Bildung, die sich den neuen technologischen Möglichkeiten und Herausforderungen anpassen muss. Ein zentrales Thema des Vortrags war die Frage der Ersetzbarkeit. Hier wurde aufgezeigt, dass KI Aufgaben wie die statistische Auswertung großer Datenmengen mit beeindruckender Geschwindigkeit und Präzision übernehmen kann. Dies wirft die Frage auf, ob und wie Menschen in solchen Bereichen weiterhin eine unverzichtbare Rolle spielen können. In diesem Zusammenhang diskutierte Ben Lenk-Ostendorf auch, ob generative KI wie ChatGPT als Wissens- oder Sprachmodelle verstanden werden sollten. Besonders spannend war die Betrachtung rechtlicher Anwendungen: Während KI theoretisch juristische Argumente auf Basis formaler Logik formulieren kann, ist diese Logik aufgrund der sich wandelnden Rechtsprechung und ihrer inhärenten Inkonsistenzen oft nur begrenzt zuverlässig. KI nimmt Routine ab und schafft Freiräume – es ist wichtig, bei den Studierenden den Hunger zu wecken, sich wichtigen, spannenden Themen zu widmen und ihre kreativen und kritischen Denkfähigkeiten zu fördern, um diese Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen.

In der Diskussion wurde thematisiert, wie die Integration von KI in Prüfungsformate neue Herausforderungen und Chancen eröffnet, etwa durch die Möglichkeit, Studierenden Zugang zu KI-gestützten Werkzeugen während der Klausur zu gewähren. Eine weitere Frage war, ob es für Lehrende entmutigend sein kann, wenn KI die Stoffgebiete so gut beherrscht, dass sie potenziell ersetzbar wirken. Aktuell hat KI jedoch noch Schwächen, insbesondere bei der Fähigkeit, Inhalte nach ihrer Relevanz zu filtern und den Stoff auf das Wesentliche zu reduzieren.

Im Beispiel einer Lehrenden bewerten Studierende die von der KI generierten Ergebnisse. Dies erfordert eine aktive Auseinandersetzung mit den generierten Inhalten, um die Qualität und Korrektheit der Informationen sicherzustellen. Das wiederum führte zur Frage der Einordnung der KI in Blooms Taxonomie. Diskutiert wurde, ab welcher Ausbildungsstufe Studierende über das nötige Rüstzeug verfügen, um KI-Ergebnisse kompetent zu evaluieren. Dazu wurde betont, dass die Fähigkeit zur fundierten Bewertung von KI-gestützten Inhalten eine fortgeschrittene Ausbildungsstufe erfordert, da diese sowohl kritisches Denken als auch ein tiefes Verständnis der jeweiligen Fachinhalte voraussetzt.

KAFE - Methode

  • Kontext
  • Auftrag
  • Format
  • Evaluieren

ALTA - Prozess

  • Ausprobieren (z.B. Klausurfrage einmal eingeben und testen, wie nah die KI am Ergebnis ist)
  • Lernziel definieren (vgl. Bloom’sche Taxonomie
  • Transformation (des Lernziels)
  • (erneutes) Ausprobieren

Links

Workshop

Erstmalig haben wir einen „Hands on“ Workshop direkt an die Veranstaltung angeschlossen. Vier Kleingruppen haben online und in Präsenz am frühen Abend das Prompten mit unterschiedlichen Heransgehensweisen in HAWKI ausprobiert.

Zwei Gruppen haben Prompts formuliert und diese sukksessive verbessert, um hiermit automatisch Quizfragen für interaktive Unterrichtsphasen zu erstellen. Eine Gruppe beschäftigte sich exemplarisch mit der Erstellung von Fragen zum Thema Betreuungsrecht. Hierbei wurde mit kompetenzorientierten Fragestellungen und Fallbeispielen als auch mit Multiple-Choice- und Ja-/Nein-Fragen experimentiert. Beobachtet wurde, dass die falschen Antworten bei Mehrfachantworten oft inhaltlich recht ähnlich waren. Spannend war die Erkenntnis, dass rund um den eigentlichen fachlichen Inhalt der Fragen und Antworten sowie deren qualitativer Güte auch die Anzahl der Antworten, Feedback für falsche und richtige Antworten und Bewertungsschemata mitentwickelt werden konnten. Doch wie kann man die generierten Quizfragen nun in einen Moodle-Kurs integrieren? In Anlehnung an die im Impulsvortrag vorgestellte KAFE-Methode hat sich die Gruppe Gedanken zum Format und der Möglichkeit des Transfers der Quizfragen in einen Moodle-Kurs gemacht. Mit gezielten Prompts lieferte die KI die entwickelten Fragen in sekundenschnelle im Importformat (GIFT-Format) als auch eine Anleitung für den Import nach Moodle. Somit kann die KI auch zeitraubende administrative und technische Aufgaben der Quizz-Erstellung effizient unterstützen.  

Eine andere Gruppe entwickelte Prompts, die geeignet sind, Material zu einem Einführungsthema zu erstellen, das in Form von Arbeitsblättern oder Fallbeispielen Studierenden bereitgestellt werden kann. Dabei erarbeiteten die Teilnehmenden schrittweise effektive Prompts, indem sie diese zunächst spontan formulierten und iterativ verbesserten, sowie die KI zur Optimierung heranzogen. Dabei wurden Fragen nach Zielgruppe, Vorwissen, Lernzielen, Format, Schwerpunktaspekten und Ressourcen systematisch geprüft. Es zeigte sich, dass einzelne Aspekte, wie die Annahme eines Lehrbuchs ohne explizite Erwähnung, noch nicht optimal berücksichtigt waren. Um Studierende zur Reflexion anzuregen, testete eine weitere Gruppe Prompts zur Entwicklung von Fallstudien bzw. Diskussionsfragen. 

Fazit

Die Veranstaltung war dank des sehr gelungenen Impulses von Ben Lenk-Ostendorf, der sich anschließenden interessanten Diskussion sowie des kurzweiligen und konstruktiven Workshops ein voller Erfolg. Gleichzeitig wurde deutlich, dass der Umgang mit KI in Bildung und Gesellschaft noch viele offene Fragen aufwirft – insbesondere hinsichtlich ihrer didaktischen Einbindung, ihrer Rolle in Prüfungsformaten und der Notwendigkeit, Studierende frühzeitig auf eine kritische und reflektierte Nutzung vorzubereiten.

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