Seit dem Sommer 2015 beschäftige ich mich immer wieder mit der Lernunterstützung durch Multiple Choice Quizze bzw. Übungstests. Im WiSe 2015/16 hatte ich außerdem im Rahmen eines Frischzellenprojektes die Möglichkeit, einen ersten Fragenpool in Moodle zu erstellen. An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank für die Förderung.
Über einige Aspekte hinsichtlich des Einsatzes von Multiple Choice als Prüfungsform oder zu Selbstlernzwecken ist im Blog schon berichtet worden. Ziel dieses Beitrags ist es, Erfahrungen aus unterschiedlichen Kursen zusammenzufassen.
Ich setze Multiple Choice Fragen zur Festigung von Wissen und Wiederholung im Unterricht ein. In geringem Umfang (max. 10%) nutze ich MC Fragen auch in der Klausur.
Seit ca. anderthalb Jahren benutze ich zwei Tools parallel: Tests in Moodle und Quizze in QuizAcademy (vormals uniquiz, über die auch schon berichtet wurde). Beide Tools kommen mit unterschiedlichen Stärken.
Moodle
Moodle hat den Vorteil, dass einmal erstellte Fragen in andere Kurse exportiert werden können. Durch den Export in xml-Dateien ist sogar ein Import auf anderen Lernplattformen möglich. Dies kann vor allem für Lehrbeauftragte interessant sein, wenn sie an mehreren Hochschulen tätig sind. Außerdem gibt es inzwischen Tools (z.B. Question Machine), mit denen die Fragen auch offline bearbeitet werden können.
Ferner bietet Moodle sehr viele unterschiedliche Fragetypen: Neben Wahr/ Falsch, Single Choice und Multiple Choice können auch Bildfragen mit drag-and-drop, Lückentext etc. als Fragen genutzt werden. Der Funktionsumfang ist also sehr groß. In einigen Fällen ist die Erstellung der Fragen allerdings etwas umständlicher.
Natürlich bietet Moodle auch eine Auswertung. Als Lehrende sehe ich, wer wann welche Tests und Fragen mit welchem Erfolg bearbeitet hat. Es ist möglich, diese Auswertung als csv zu exportieren und dann die Daten aggregiert auszuwerten.
Moodle-Tests können die Studierenden nur bearbeiten, wenn sie eingeloggt sind. Moodle läuft auch auf dem Smartphone, in der neueren Version, bei neueren Smartphones auch recht flüssig. Es gibt auch eine moodleMobile App, die meines Wissens aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken seitens der HWR nicht genutzt wird.
QuizAcademy
Um QuizAcademy zu nutzen, können die Studierenden entweder die Web Version im Browser aufrufen oder auf dem Smartphone eine App installieren. Nach Installation der App können die bereits synchronisierten Quizze auch offline verwendet werden. Für die Studierenden ist kein Benutzeraccount und damit kein Login notwendig. Aus Sicht einiger Studierender ist das ein Vorteil, weil sie damit anonym sind und niemand sieht, welche Fragen sie persönlich falsch beantwortet hatten.
Allerdings bietet QuizAcademy nur die Fragetypen Wahr/ Falsch, Single Choice und Multiple Choice. Es ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht möglich, Bildfragen zu verwenden. Bei den SC und MC Fragen ist es möglich, bis zu 8 Antwortmöglichkeiten zu hinterlegen. Allerdings zeigt die App dem Studierenden im Quiz per Zufallsauswahl nur 4 Antwortmöglichkeiten an. Dabei ist es möglich, dass die App nur 4 falsche Antwortmöglichkeiten zeigt. Dies muss der Studierende dann erkennen und auf weiter klicken. In der Praxis führt dies häufiger zu Verunsicherung und Rückfragen durch die Studierenden. Das Problem lässt sich umgehen, indem nicht mehr als 3 falsche Antwortmöglichkeiten hinterlegt werden.
Sehr häufig nutze ich QuizAcademy zum Unterrichtsbeginn um den Stoff der letzten Unterrichtseinheit zu wiederholen. Hier ist der Vorteil, dass sich alle Studierenden gleichzeitig beteiligen und nicht nur einzelne, die sich ohnehin verstärkt mündlich beteiligen.
Ein weiterer Vorteil kann in der bewussten Smartphone Nutzung liegen. Einige Gruppen haben sich animieren lassen, dass Smartphone bewusst nur für die Quizze zu verwenden. Die Studierenden haben sich dabei gegenseitig erzogen: „Du, wir machen jetzt kein Quiz mehr, leg mal dein Smartphone weg.“ Aus meiner Sicht hängt das aber von der Dynamik der Gruppe ab. Gelegentlich gab es aber auch das Problem, dass die Quizze länger als erwartet dauerten, weil einige Teilnehmer noch schnell WhatApp Nachrichten lesen mussten, wenn sie das Telefon schon in der Hand hatten. Dem konnte ich durch eine Zeitbegrenzung entgegenwirken (Stoppuhr auf 5 Minuten).
Große Vorteile von QuizAcademy sind aus meiner Sicht die einfache Bedienung und die sehr guten Analysemöglichkeiten. Dadurch kann das Tool adhoc im Unterricht verwendet werden.
Über die Auswertung sehe ich als Lehrende innerhalb von wenigen Sekunden nach der Wiederholung am Stundenanfang, welche Fragen von besonders vielen Studierenden falsch beantwortet wurden. Für mich ein Indikator, den dazugehörigen Stoff erneut anzusprechen.
Auch die Erfolgsquote für die einzelnen Quizze ist für mich sichtbar.
Interessant ist für mich als Lehrende auch die Nutzungsstatistik: Hier sehe ich die Zugriffe pro Tag. Im abgebildeten Kurs haben die Studies häufig an den Unterrichtstagen oder am Tag davor auf die Quizze zugegriffen, besonders viele Zugriffe (1.304 Fragen an einem Tag) gab es zwei Tage vor der Modulklausur.
Moodle vs. QuizAcademy
Da es keine Schnittstelle zwischen Moodle und QuizAcademy gibt, liegt es nahe, sich für ein Tool zu entscheiden. Welches scheint also passender?
Die Erfahrung in insgesamt 8 unterschiedlichen Lerngruppen hat mir vor allem eines gezeigt: Es kommt auf die Gruppe an!
- In manchen Lerngruppen arbeiten die Studierenden durchgängig mit der App. Ich habe Rückmeldungen bekommen wie: „Ich mache jeden Morgen in der S-Bahn zwei Quizze und seit ich das mache, komme ich im Unterricht sehr gut mit.“
- In manchen Lerngruppen werden die Quizze nur genutzt, wenn ich am Anfang des Unterrichts dazu auffordere. Selbst wenn es Hausaufgabe war, wurde es vergessen.
- Manche Gruppe oder Studierende arbeiten lieber mit der App und wollen anonym sein. Andere arbeiten lieber mit den Tests in Moodle. Gründe dafür sind: „Sie sollen ja sehen, dass wir fleißig sind.“ Oder „Das mache ich lieber zu Hause am PC, da habe ich Ruhe und kann auch gleich nachlesen, wenn ich etwas nicht weiß.“
- In Moodle habe ich gelegentlich Badges benutzt, die Studierende bekommen haben, wenn alle Tests erfolgreich gelöst wurden. Dies hat bei einigen zu mehr Motivation für das Bearbeiten der Übungstests geführt. Eine ähnliche Wirkung schien der neue Fortschrittsbalken zu haben, den ich im aktuellen Semester in zwei Kursen eingesetzt habe.
- Beide Tools sind geeignet, Lerntypen anzusprechen, die sonst vielleicht nicht wahrgenommen werden. Im Rahmen des Frischzellen Projektes hatte wir den Fall, das ein Studierender, der im Unterricht nie aktiv war, die höchste und erfolgreichste Beteiligung an den Quizzen hatte.
Persönliches Fazit
Gerade in Grundlagenfächern, in denen viel Basiswissen vermittelt werden muss, haben sich die Quizze und Tests für mich als nützliches Tool herausgestellt. Sie unterstützen die Studierenden beim Wiederholen und festigen und helfen den Lernerfolg positiv zu beeinflussen. Auch die Verknüpfung mit Badges und anderen Elementen der Gamification scheint stimulierend zu wirken. Da wir in Klausuren nur Matrikelnummern haben, lässt sich nicht überprüfen, ob es eine Korrelation zwischen Lernerfolg/ Prüfungsergebnis und Beteiligung an Quizzen gibt.
Persönlich werde ich beide Tools weiter nutzen und parallel anbieten. Nachteilig ist, dass der Arbeitsaufwand für beide Tools recht hoch ist. Im Schnitt benötige ich für das Erstellen eines neues Tests/ Quiz á 10 Fragen ca. 1-2 Stunden. Aber aus meiner Sicht lohnt sich der Aufwand.
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