Schule 4.0: Bitte UPGRADEN!

28 Jun, 2017

SchülerInnen gucken gebannt auf das Smartboard, arbeiten eifrig in Teams an einem Erklärvideo oder testen mithilfe von Simulationen fachliche Zusammenhänge. Der Lehrer ist nicht der Buh-Mann, er ist Trainer und Unterstützer.
Eine Meinung einer Lehramtsstudentin

SchülerInnen gucken gebannt auf das Smartboard,

… arbeiten eifrig in Teams an einem Erklärvideo oder testen mithilfe von Simulationen fachliche Zusammenhänge. Der Lehrer ist nicht der Buh-Mann, er ist Trainer und Unterstützer. In der Stunde werden nicht organisatorische Problemchen geklärt und nicht LehrerInnen-Vorträge gehalten, sondern geübt und trainiert. SchülerInnen konsumieren nicht nur, sie produzieren und hinterfragen. Die Arbeitsatmosphäre ist ruhig, kein röhrender Overheadprojektor stört das Geschehen, keine verschmierten Folien oder Tafeln trüben die Sicht. SchülerInnen mit Beeinträchtigungen werden inkludiert, Hör- oder Sehschwächen durch Kopfhörer oder Sehhilfen ausgeglichen. Die Klasse arbeitet binnendifferenziert, aber kooperativ. Das ist mein Wunschbild von Schule – eine Schule mit neuen Medien.

 

Abb. 1: Dream Big & Make it happen (Quelle: Pixabay, CCO)

E-Learning oder neue Medien (digitale Medien)

… in der Schule – das Thema wird so kontrovers diskutiert wie kaum ein anderes in der Didaktik und der Presse. Über Chancen, Risiken und Möglichkeiten sind sich die Experten hierzulande uneinig, dass jenes auch anders geht, zeigt Australien. Dort steht Medienkompetenz schon lange auf dem Unterrichtsplan und wird erfolgreich durchgeführt, ob Skype-Gespräch mit einem indischen Schriftsteller, digitale Präsentation oder die Erstellung einer Website, sodass die Frage nach dem “ob” hinter sich gelassen und die Frage des “wie” nun erörtert wird. Dass auch in Deutschland neben Lehrbuch, Tafel, Modell, Experiment, Arbeitsblatt und Overheadprojektor auch Film, Smartboard, Computer, Tablet, Visualizer, Lernprogramm, Animation und App benutzt werden kann, zeigen Beispiele wie der Lehrer und Dozent Michael Kirch aus München oder viele kreidefreie Schulen.
Trotzdem es unzählige Einsatzmöglichkeiten und Varianten gibt, werden immer noch laut Vorbehalte und Risiken geäußert. So heißt es, meist unter digitalen Gegnern im Lehrer- oder Dozentenkollegium, die SchülerInnen werden durch digitale Medien vom Unterricht abgelenkt, die Themen werden nur oberflächlich behandelt und Plagiate bei der Informationsrecherche nicht beachtet. In den Fachdidaktiken werden die Zweifel noch stärker: Im Biologieunterricht würde man sich von der Natur entfernen, ein mechanistisches Weltbild einführen oder Technik- und Wirtschaftsgläubigkeit zulassen. Selbst LehramtsstudentenInnen sind keine Hoffnung: eine Umfrage der Monitor Digital Bildung zeigt, Lehrämtler sind keine Enthusiasten der digitalen Bildung. Dabei sollen doch aber gerade sie das Wissen und den Fortschritt in die Schule tragen, die Lebenswelt der SchülerInnen verändert sich fortlaufend, wer bereitet sie adäquat auf die Zukunft vor und schult Medienkompetenz, wenn nicht die angehenden LehrerInnen?! Risiken werden stärker betont als Chancen, Möglichkeiten sofort abgewunken – zu schwierig, zu kompliziert, zu teuer, zu wenig Technik vorhanden, zu umständlich. Dabei ist das Thema im neuen Rahmenlehrplan verankert, Förderung der Medienkompetenz, insbesondere der digitalen, muss gelehrt werden, das ist fächerübergreifend festgeschrieben und findet sich auch in bildungspolitischen Bestrebungen wieder.

 “Um Schülerinnen und Schüler auf das Leben in einer dynamischen Informationsgesellschaft vorzubereiten, ist es unerlässlich, mit Medien verantwortungsbewusst und sicher umgehen zu können.” (Rahmenlehrplan Berlin/Brandenburg Teil B 2015)

 

 

Abb. 2: Wortwolke Neue Medien (Quelle CC-by Daniela Walch)

 

Es ist unter LehrerInnen, DozentenInnen, StudentInnen

… eine gewisse Furcht vor neuen Medien zu erkennen. Dies rührt eventuell auch von dem Überangebot her, mit der überwältigen Anzahl an Angeboten und Varianten im Internet schlägt der Medienhammer zu.

Dabei können diese so unterschiedlich eingesetzt werden wie sie verschiedene Funktionen hierbei erfüllen können. Ob als Ergänzung (Enrichment-), im Zusammenspiel mit anderen Medien (Kontext-) oder als selbstlehrende Anwendung (Direkt-Teaching-Konzept), die Spielarten sind beachtlich. Durch Simulationen und Kommunikationswerkzeuge wird besonders die konstruktivistische Lerntheorie unterstützt, der/die SchülerIn wird aktiv, der/die LehrerIn tritt in den Hintergrund. “Weniger Instruktion, mehr Konstruktion!”

Daneben sollten allerdings Medien nicht ungeprüft eingesetzt werden. Qualität und Funktion muss hinterfragt werden, der ziellose Einsatz fördert niemanden. Nicht alle Erklärvideos im Netz sind einsetzbar (sondern teilweise fachlich fraglich), nicht alle Anwendungen zielführend.

In der Universität fast flächendeckend schon verwendet, kommt die E-Learning-Plattform Moodle nun auch in die Schulen und wird dort vielfältig eingesetzt. Daten können verwaltet werden, Ergebnisse gesichert, die Vor- und Nachbereitung erledigt (Stichwort flipped classroom), Hausaufgaben erstellt und eingereicht und organisatorische Probleme gelöst werden. Status Quo: Die Schule 4.0 hat uns erreicht. Es liegt nun an uns, zu handeln.

 

 

Abb. 3: Tablet und Bücher (Quelle: Pixabay, CCO)

 

Eine Mini-Umfrage an einer Potsdamer Schule

… widerspricht der Schwarzmalerei. Wir haben als Studentengruppe nachgefragt: Wird der Medieneinsatz gewollt, habe ich als LehrerIn die Kompetenz und sind überhaupt die Möglichkeiten dafür geschaffen (Umfrage Medien Antwort)? Natürlich sind eine handvoll LehrerInnen an einer einzelnen Schule nur eine kleine Stichprobe, dennoch ist das Ergebnis ein Lichtblick. Die Schule ist anscheinend gut mit neuen Medien ausgestattet und die LehrerInnen schätzen sich selbst überwiegend als medienkompetent ein. Bemängelt wird allerdings die fehlende Wartung der Geräte und ein fehlender Ansprechpartner, alle stimmen zu, dass sie noch mehr neue Medien bei besserer Funktionalität einsetzen würden. Neue Medien kommen gut an, auch bei den SchülerInnen, das Empfinden der SchülerInnen auf neue Medien wird überwiegend als spannend, interessant und wissen generierend bewertet. Diverser ist das Meinungsbild bei der Frage, ob neue Medien alte ersetzen sollten. Die Antworten fallen durchweg positiv aus. Wurde da ein Musterbeispiel an dieser Schule gefunden oder findet man doch nicht nur eingestaubte Tafeln und röhrende Overheadprojektoren in den Klassenzimmern? Ob nun Glücksgriff oder nicht, eines steht fest: Das Schulbild und die Einstellung der LehrerInnen verändert sich.

 

Abb. 4: Methoden Neue Medien (Quelle: Pixabay, CCO)

 

Als Letztes lassen sich einige gute Einsteiger-Methoden

… für den Einsatz neuer Medien in der Schule nennen. Einfach mal mit den SchülerInnen Erklärvideos selber produzieren, anstatt zu konsumieren. Wer erklären kann, hat auch den Sachverhalt verstanden. Mit vorgefertigten Folien auf Powerpoint 2016 und der Funktion Bildschirmaufzeichnung ein Video produzieren oder komplizierter mit mysimpleshow. Das Konzept der Stunde zusammenfassen und verinnerlichen lässt sich mithilfe der Twitter-Methode. Der Sachverhalt soll dabei in 140 Zeichen zusammengefasst werden, dies lässt sich gut ohne Twitter Account auf google forms umsetzen. Schülervorstellungen oder Stundensicherungen können mit Clicker-Apps (ARSnova, Kahoot, socrative) durchgeführt und überprüft werden.
Dabei steht nicht nur der Einsatz der neuen Medien im Vordergrund, sondern auch die Medienkritik. Nicht alles im Netz ist korrekt, nicht alles verwendbar, nicht alles vollständig. Wie viel Inhalt steckt eigentlich in 140 Zeichen? Medienkompetenz und Medienkritik sollte fächerübergreifend gelehrt werden.

Medien, weder alte noch neue, ändern etwas an dem Thema oder den Lernprozessen, dafür ist die Methode viel entscheidender. Und doch können neue Medien vielleicht doch die Motivation fördern und die SchülerInnen aus ihrer aktuellen Lebenswelt abholen. E-Learning fängt nicht in der Universität an, sondern mindestens schon in der Schule. Die Chancen sprechen für den Einsatz neuer Medien, mit Engagement kann jeder Medienkompetenz schulen, denn wir sind alle medienkompetenter als wir denken, die Schulen besser ausgestattet, als mancher annimmt.

Also beim nächsten Mal nicht meckern, sondern machen – oder zumindest versuchen. 😉

 

 

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